Die SP-Weinland feiert ihre Parteizeitung

Es begann mit Wachsmatrizen

Parteizeitungen sind Passé. Nicht ganz: Die SP des Weinlandes produziert für Ihre Parteimitglieder und Sympis vierteljährlich eine Zeitung die sie liebevoll Radiisli nennen und für die sie auch gerne einmal feiern.

Am Kiosk-Aushang ist sie nicht zu finden. Dafür ist die Auflage des Radiislis mit 500 Exemplaren zu gering. Doch bei den SP-Mitgliedern, Sympathisantinnen und Grünen ist das Radiisli ein Fixstern in der politischen Agenda. „Die Sozialdemokratische Partei ist im von bürgerlichen Parteien dominierten Weinland oft allein mit ihren politischen Anliegen. Deshalb wollten wir den inneren Zusammenhalt stärken“, erinnert sich Käthi Furrer aus Dachsen zurück an die Zeit vor 31 Jahren als das erste Radiisli entstand. Das Radieschen gab der Zeitschrift den Namen. Aussen rot und innen scharf und angriffig. So sollte die neue Zeitung werden.

Einschränkungen und Zensur sollte es beim Radiisli keine geben. Linke, Grüne und Sympis sollte das Blatt offen stehen. Käthi Furrer, Fabrizio Boeninger und Daniel Sieber stellten bei der Gründung das Redaktionsteam. Vierteljährlich trafen sie sich für die Produktion einer neuen Ausgabe. „Der Druck, das Resultat einer Wachsmatrize war bei der ersten Nummer himmeltraurig. Das Layout war handgestrickt aber wir waren mächtig stolz, als die erste Ausgabe vor uns lag. Computer kamen bei der Gestaltung noch nicht zum Einsatz aber immerhin schon Fotokopierer, mit denen wir vergrössern und verkleinern konnten. Wenn das Radiisli fertig war, lag auf dem Stubentisch ein unglaubliches Puff aus Unterlagen, Scheren, Leimtuben und schweren Metallmassstäben. Einer von uns hastete mit den Druckvorlagen nach Schaffhausen in einen Kopierladen und anschliessend in die Räume der Unionsdruckerei, meistens auf den allerletzten Drücker weil wir von der Post nur dann den verbilligten Zeitungstarif bekamen, wenn das Radiisli pünktlich zum Quartalstermin geliefert wurde “, erinnert sich Furrer.

Im Laufe der Zeit wurde das Radiisli dicker und gehaltvoller. Ab dem Jahr 1999 übernahmen Elsbeth und Jürg Keller aus Örlingen die Redaktion der Zeitung. Ein stattlicher Kreis von Autoren und Autorinnen lieferten Beiträge. Unvergessen bleiben die regelmässig veröffentlichten Beiträge des kürzlich verstorbenen Theo Ammann aus Marthalen. „Unser Radiisli hat sich zum Sprachrohr für linke und grüne Politik im Weinland gemausert“, steht in einem Rückblick, der 2010 in der 100ertsten Ausgabe gedruckt wurde. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Bezahlte Inserate finden sich im Radiisli keine. Dafür wird der Text immer wieder durch treffende Cartoons aufgelockert. Finanziell Geradestehen für das Radiisli tut die SP-Bezirksparteikasse. Einen Abo-Beitrag wird nicht erhoben. Aber ein guter Teil der Kosten wird durch freiwillige Spenden gedeckt. Und: Schreibende und Redaktion arbeiten unentgeltlich.

Das Radiisli liefert nicht nur Stoff zum Lesen. In regelmässigen Abständen wird es von seinen Lesern und Leserinnen gefeiert. So traf sich am letzen Samstag eine grosse Schar im Casinosaal des Psychiatriezentrums Neu-Rheinau. Gutes Essen, Spieltische wie in Las Vegas, allerdings mit fiktivem Geld, ein leibhaftiger Zauberer und der zum Tanzen wie geschaffene Folksound der Musikgruppe Kafi Lutz sorgten für eine unvergessliche Radiisli-Feier.

Erschienen in der Andelfinger Zeitung, Dienstag, 18. November 2014, Ueli Meier