Die Kulturlandinitiative als Star des Tages

Der unbestrittene Star der ersten Kantonsratssitzung im neuen Jahr war die Kulturlandinitiative. Sie wurde im Jahre 2011 eingereicht und zur Überraschung vieler im Juni 2012 mit 54.5% der Stimmen angenommen. 

Da es sich um eine Initiative in Form der allgemeinen Anregung handelt, wäre es nun die Pflicht des Parlaments, den Willen der StimmbürgerInnen umzusetzen und die einschlägigen Gesetze im Sinne der Initiative anzupassen. Damit aber tut sich die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrats fürchterlich schwer. Unter der Federführung der SVP, die bei ihren eigenen Initiativen immer die buchstabengetreue Umsetzung des «Volkswillens» auf allen erdenklichen Wegen kompromisslos einfordert, hat sich der Rat bisher geweigert, überhaupt auch nur auf die Umsetzung einzutreten. Die fadenscheinige Begründung für diese Missachtung des Volkswillens lautete, einige Anliegen des Kulturlandschutzes seien inzwischen im Richtplan berücksichtigt worden. 

Die Ratsmehrheit hat aber glücklicherweise die Rechnung ohne das Bundesgericht gemacht. Dieses stimmte einer Klage gegen die kantonsrätliche Arbeitsverweigerung einstimmig zu und verpflichtete den Rat ultimativ, die Umsetzung umgehend an die Hand zu nehmen. Die Beratung der unter bundesgerichtlichem Zwang ausgearbeiteten Vorlage benötigte fast den ganzen Morgen. Die meisten Sprecher der bürgerlichen Mehrheitsparteien haben ganz offensichtlich wenig gelernt; sie beharrten auf ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der beschlossenen Volksinitiative. Immerhin wurde aber eine minimalistische Umsetzung in erster Lesung bereinigt. Im Planungs- und Baugesetz soll der Grundsatz aufgenommen werden, dass für die Landwirtschaft genügend geeignetes Kulturland erhalten bleiben soll und dass für Ackerland in einer Bauzone gleichwertiger Ersatz zu schaffen ist (durch Auszonung gleichwertiger Flächen oder durch Aufwertung geeigneter Areale).

Ende Februar wird dann die abschliessende Beratung stattfinden. Schon jetzt scheint klar, dass gegen die dann verabschiedete Vorlage von bürgerlicher Seite das Referendum ergriffen werden dürfte. Das Volk wird anschliessend noch einmal Gelegenheit haben, seinen Entscheid aus dem Jahre 2012 zu bestätigen (oder zu verwerfen). Die Abstimmung dürfte wohl erst im nächsten Jahr stattfinden. Seit der ersten Zustimmung werden dann rund fünf Jahre vergangen sein. In dieser Zeit galt ein harter Planungsstopp für die betroffenen Kulturlandflächen – zum Nachteil vieler Gemeinden, die in ihrer Ortsplanung und bei konkreten Projekten so lange blockiert wurden: Sie bezahlen einen hohen Preis für das Versagen des Kantonsrat bei der Umsetzung eines Volksbeschlusses …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Präsident SP-Fraktion, Feuerthalen