Zu weit gegangen: KSW-Direktor soll zurücktreten

Kolumne zur Kantonsratssitzung vom 24. April 2017

Kaum grosse Wellen warfen die Einzelinitiativen, über die der Kantonsrat gestern – zum letzten Mal unter dem Vorsitz von Präsident Rolf Steiner (SP) – beriet: Nur eine einzige erhielt mehr als die 60 Stimmen, die es braucht, damit eine politische Idee eines einzelnen Stimmberechtigten im Kantonsrat aufgegriffen und weiter beraten wird: 74 Kantonsräte unterstützten den Vorschlag von Othmar Hasler aus Sternenberg, der verlangt, bei öffentlichen Bauaufträgen so viel Holz wie möglich aus Zürcher Wäldern zu verwenden.

Höhere Wellen warf die gemeinsame Fraktionserklärung der Alternativen Liste, der Grünen und der SP gegen den Direktor des Kantonsspitals Winterthur (KSW), Rolf Zehnder: Zehnder hat sich in den letzten Tagen völlig einseitig in den Abstimmungskampf um die Privatisierung des KSW eingemischt. In einem Interview mit der NZZ verhöhnte er letzte Woche den Kantonsrat und die demokratischen Regeln in unserm Kanton. Er legte ganz offen dar, wie das KSW die Mitsprache des Kantonsrats seit Jahren ausheble, und wichtige Investitionen durch geschickte Manipulationen auch ohne Zustimmung des Parlaments vorgenommen habe. Diese offen eingestandenen Umgehungsgeschäfte wurden von der unabhängigen Finanzkontrolle des Kantons sofort und harsch kritisiert; selbst Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger kam daraufhin nicht um eine Rüge herum. Zehnder ist aber offensichtlich unbelehrbar: In der gestrigen Ausgabe des Tagesanzeigers doppelte er nach und klagte in lauten Tönen, wie hinderlich die Demokratie im Allgemeinen und der Kantonsrat im Speziellen für die Führung des Spitals seien.

Tatsache ist: Der Kantonsrat hat noch nie ein Anliegen des KSW nicht bewilligt; das KSW schreibt Gewinn, investiert wie wild, beteiligt sich an andern Gesundheitseinrichtungen und ist unternehmerisch ausgezeichnet aufgestellt. Die Aussagen des Winterthurer Spitaldirektors sind schlicht skandalös. Er beisst die Hand, die ihn füttert: Das KSW gehört der Zürcher Bevölkerung; 55% der Fallpauschalen, über die das Spital finanziert wird, bezieht Zehnder von den Steuerzahlern. Dass er die demokratisch gewählten Behörden, die für den sorgfältigen und effizienten Einsatz der öffentlichen Mittel verantwortlich sind, heute einfach umgeht und morgen mit der Privatisierung ganz ausschalten möchte, ist unerträglich. Zu dieser Missachtung von Gesetz und Verfassung passt, dass sich das KSW auch mit Steuergeldern in die Abstimmungskampagne einmischt.

Dabei dürfen wir eines nicht vergessen: Der Winterthurer Spitaldirektor politisiert auch im eigenen Interesse. Wir wissen von vielen andern Privatisierungsvorlagen eines ganz sicher: Die von den «staatlichen Fesseln» befreite Verwaltungsrat wird als erstes seine eigenen Bezüge und die Boni der Führungsetage nach oben anpassen. Wir unterstellen dem umtriebigen Spitaldirektor nicht, dass sein Engagement vor allem durch sein eigenes Interesse motiviert ist – er wird aber völlig zu Recht davon ausgehen dürfen, dass ihm die Privatisierung auch persönlich nicht schaden wird …

Mit seinem Verhalten hat sich Rolf Zehnder unmöglich gemacht: Die Fraktionen der AL, der Grünen und der SP fordern den Spitalrat auf, ihn per sofort freizustellen und zu entlassen. 

Markus Späth, Kantonsrat, Fraktionspräsident SP, Feuerthalen