Opposition lohnt sich: doch keine heisse Zelle beim Tiefenlager?

Beitrag im Forum der Andelfinger Zeitung, 9. September 2017

Der Landbote hat es vor wenigen Tagen publik gemacht: Stefan Jordi gab als Vertreter des in der Atommüllfrage federführende Bundesamt für Energie (BFE an der Vollversammlung der Weinländer Regionalkonferenz bekannt, dass die NAGRA bei der Planung des Tiefenlagers auch eine Variante ohne Heisse Zelle vor Ort auszuarbeiten habe. Das ist eine für das Weinland höchst bedeutsame Nachricht. Das BFE kommt mit dieser Entscheidung einer der wichtigsten Forderungen nach, welche die Regionalkonferenz Zürich Nordost (Weinland) in ihrem Gesamtbericht zur Etappe 2 des Sachplanverfahrens «geologisches Tiefenlager» in Bern eingereicht hat.

Die heisse Zelle ist das nukleare Kernstück der zum Tiefenlager gehörigen Oberflächenanlage. Sie dient dazu, die hochradioaktiven Brennstäbe aus den riesigen Transportbehältern in die viel kleineren Lagerbehälter umzuverpacken. Die Bezeichnung «heisse Zelle» beschönigt dabei die Tatsachen: Das Umverpacken stellt den riskantesten und gefährlichsten Teil des Atommüll-Handlings dar. Die abgebrannten und während Jahrzehnten abgekühlten Brennstäbe müssen dabei aus den vergleichsweise sicheren Castorbehältern rausgeholt werden – mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten. Dafür wird eine riesige Halle mit bis zu 30 m Höhe benötigt. Die Regionalkonferenz ist aus Sicherheitsüberlegungen gegen eine Heisse Zelle im Weinland; auch sämtliche raumplanerischen Überlegungen sprechen entschieden dagegen: Eine grossindustrielle Anlage passt in die Naturlandschaft Weinland wie die Faust aufs Auge. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Vorbereitung des Atommülls für die Einlagerung ins Tiefenlager nicht dort geschehen kann, wo es solche Anlagen bereits gibt – in den bestehenden Zwischenlagern.

Zumindest eine vertiefte Prüfung hat die Forderung verdient – erfreulicherweise ist jetzt auch das BFE zu dieser Einsicht gelangt. Das ist gut so! Der Entscheid ist vor allem ein Erfolg der kritischen Kräfte in der Regionalkonferenz. Er beweist, wie wichtig es ist, dass die Opposition aus der Zivilgesellschaft sich in der Regionalkonferenz engagiert. Ihre massgebliche Mitwirkung in der 3. Etappe des Sachplanverfahrens wird nun aber von den Gemeindepräsidenten des Bezirks in Frage gestellt – sie beanspruchen die Mehrheit und letztlich das endgültige Wort im regionalen Mitwirkungsprozess. Das ist unnötig, weil die Gemeinden über den Gemeindepräsidentenverband, die Regionalplanung und im Baubewilligungsverfahren ohnehin das Sagen haben. Für die Partizipation der Bevölkerung und für die Glaubwürdigkeit des schwierigen Entscheidfindungsprozesses wäre die Verdrängung der kritischen Stimmen aber fatal. Enorm viel Wissen würde verloren gehen, die Opposition wäre gezwungen, ihren Protest auf die Strasse zu verlegen, die Akzeptanz des Tiefenlagers wäre im Keller.

Markus Späth-Walter, Kantonsrat SP, Gemeinderat, Feuerthalen