Ein ausgesprochen «effizienter» Morgen – auf dem Buckel von Einzelinitiativen

Der Kantonsrat war gestern in Frühlingsputzstimmung. Es wurde richtig aufgeräumt. In 3 ½ Stunden Sitzung wurden nicht weniger als 25 Traktanden abgehakt. Im Schnitt benötigten wir nur gerade 8.4 Minuten pro Geschäft.

Wie ist das möglich? Lässt sich das mit seriöser Parlamentsarbeit überhaupt noch vereinbaren? Die Antwort ist nicht ganz einfach. Zum einen standen am Anfang des Morgens zwei unumstrittene Wahlgeschäfte auf dem Programm. Gefolgt wurden sie von nicht weniger als sieben sogenannten «Entgegennahmen»; dabei geht es darum, neue Postulate und Motionen aus dem Rat, welchen die Regierung positiv gegenübersteht, und welche im Rat unbestritten sind, definitiv an den Regierungsrat zur Bearbeitung zu überweisen. Jedes Mitglied des Rates hat aber das Recht, gegen die Direktüberweisung eines Postulat oder einer Motion ein Veto einzulegen; sie wird dann in die Tiefen der Traktandenliste verbannt; erst nach einer Wartezeit von oft mehr als einem Jahr entscheidet dann der Rat nach Diskussion und mit Mehrheitsentscheid, ob der Vorstoss effektiv an die Regierung überwiesen werden soll oder nicht. Der Kantonsrat meinte es gestern gut mit den EinreicherInnen der Vorstösse: sechs wurden direkt an die Regierung weitergeleitet, nur ein einziger in die lange Warteschlaufe geschickt.

Zwei völlig unbestrittene Vorlagen, eine Anpassung der Gebührenordnung der Gemeindeammannämter und die Abrechnung des Rahmenkredits des Theaters für den Kanton Zürich wurden ohne Diskussion, im schriftlichen Verfahren erledigt.

Nicht weniger als 10 Einzelinitiativen wurden daraufhin im Eilverfahren behandelt. Mit der Einzelinitiative können alle Stimmberechtigte als Einzelpersonen, dem Kantonsrat einen Vorschlag für eine neue Regelung oder eine Gesetzesänderung unterbreiten. Unterstützen mindestens 60 KantonsrätInnen (d. h. ein Drittel des Rates) die Einzelinitiative wird sie an eine Kommission zur Diskussion und Antragstellung überwiesen.

Nicht eine einzige dieser Einzelinitiativen wurde vorläufig unterstützt. Über die meisten wurde ohne Diskussion abgestimmt, einige wenigen blühte das gleiche Schicksal nach einer kurzen Diskussion. Am nächsten an einen Erfolg kam der Vorschlag, Sport künftig an den Zürcher Gymnasien als Promotionsfach zu führen. Auch dieser Einzelinitiative fehlten aber am Schluss mehr als 10 Stimmen zur vorläufigen Unterstützung. Dass der Kantonsrat mit Einzelinitiativen meist kurzen Prozess macht, hat durchaus gute Gründe. Die meisten Vorschläge sind gut gemeint, aber wenig durchdacht; oft greifen sie auch Themen auf, die nicht auf kantonaler Ebene, sondern durch den Bund geregelt werden müssen.

Wer mit einer Einzelinitiative Erfolg haben möchte, ist gut beraten, seine Idee mit erfahrenen Ratsmitgliedern oder noch besser mit einer Fraktion vorzubesprechen und sich so Unterstützung zu holen. In der laufenden Legislatur brachte es eine Gruppe von SchülerInnen so fertig, eine Mehrheit im Kantonsrat für Jokertage an den kantonalen Mittelschulen herauszuholen. Das ist zwar keine Revolution, zeigt aber, dass das Instrument der Einzelinitiative, geschickt eingesetzt, durchaus effizient sein kann.

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen