… mit sich selbst beschäftigt …

Knatonsratskolumne von Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsiden, Feuerthalen

Eigentlich hätte Traktandum Nr. 3 am Montagmorgen in wenigen Minuten abgehandelt und verabschiedet werden können. Es ging um die zweite Lesung der Vorlage über die Sozialversicherungsbeiträge und die Entschädigungen des Kantonsrats. Zweite Lesungen gehen normalerweise ohne grosse Diskussionen über die Bühne. Sie dienen nur noch dazu, die letzten formalen Korrekturen der Redaktionskommission abzusegnen. Ein kompliziertes Manöver der SVP-Fraktion führte nun aber dazu, dass gestern noch einmal in aller Ausführlichkeit inhaltlich debattiert wurde.

Während Jahrzehnten hat der Kantonsrat – gedeckt durch die kantonale Steuerverwaltung – der AHV auf den Sitzungsgeldern kaum AHV-Beiträge bezahlt. Auf eine zweite Säule wurde sogar ganz verzichtet. Erst das Bundesgericht hat diesen Missstand auf Klage einzelner Kantonsräte korrigiert und den Kantonsrat zum Handeln gezwungen.

Gleichzeitig hat die Geschäftsleitung des Kantonsrats auch die Gesamtentschädigungen des Kantonsrats überarbeitet. Seit fast 20 Jahren wurden diese nicht mehr angepasst. Sie sind deshalb heute viel tiefer als die meisten Gemeinderatsentlöhnungen selbst in kleinen Kommunen. Im Schnitt erhält ein Mitglied des Kantonsrats heute rund 19’000 Franken pro Jahr. Wer das Kantonsratsamt wirklich ernst nimmt, muss dafür rund zwei Tage pro Woche aufwenden: Der Rat tagt jeden Montagmorgen, der Nachmittag ist für die Fraktionssitzungen reserviert. Für Kommissionssitzungen muss ein weiterer Halbtag eingesetzt werden. Die Vorbereitung auf die Sitzungen, die Arbeit im eigenen Wahlkreis und für die Medien füllen locker einen weiteren Halbtag.

Neu sollen deshalb die Bezüge um etwa 30 bis 40% erhöht werden. Zu etwa einem Viertel wird damit die Teuerung der letzten zwei Jahrzehnte ausgeglichen. Ein weiterer Anteil der Erhöhung ist für die Kompensation der neu zu leistenden Sozialabgaben gedacht. Den Rest kann man als eigentliche Lohnaufbesserung ansehen, die den wachsenden Ansprüchen und der zeitlichen Belastung gerecht werden soll. Die grosse Mehrheit des Kantonsrats will damit erreichen, dass nicht nur Rentner und Wohlhabende sich ein Kantonsratsmandat leisten können, sondern auch ein Familienvater, eine alleinerziehende Mutter oder junge Berufsleute zu Beginn ihrer Karriere, die nicht im Geld schwimmen.

Einem Teil der SVP gingen diese Erhöhungen zu weit. Vordergründig zeigten sie sich vor allem empört darüber, dass gegen die Entschädigungsverordnung des Kantonsrats kein Referendum ergriffen werden kann. Das ist im Kantonsratsgesetz genau so festgelegt. Wenn man das ändern will, müsste das Gesetz entsprechend revidiert werden. Um das zu erreichen, wollte die SVP die ganze Vorlage im letzten Moment sistieren und so um Jahre verzögern. Alle anderen Fraktionen machten da aber nicht mit. Es wurde zwar noch einmal intensiv diskutiert, am Ende aber wurde die Vorlage mit 122 : 36 genehmigt. Nicht einmal alle SVP-Kantonsräte stimmten mit ihrer Fraktion.

Ja zum Schutz vor Hass!

Am 9. Februar stimmen wir über die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung ab. Es geht darum, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle einen Schutz vor Hass, Hetze und Diskriminierung erhalten. Diese Erweiterung wurde im Dezember 2018 von National- und Ständerat beschlossen. Massive Hetze gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle soll verboten werden. So wie bereits heute nicht zu Hass aufgrund der Religion oder der Hautfarbe aufgerufen werden darf.

Ich kann’s kaum glauben, dass wir uns noch immer mit dem Thema befassen müssen. Dass nach all den Bemühungen um die Gleichstellung aller Menschen noch immer so viel Hass und Gewalt gegen Schwule, Lesben und Bisexuelle auftauchen. Sie werden angegriffen, im Internet niedergemacht, auf der Strasse angepöbelt oder sogar verprügelt. Was geht nur in den Angreifern vor? Von der Mehrheit der Bevölkerung sind Schwule und Lesben doch längst anerkannt. Viele bekennen sich öffentlich, lesbische und schwule Prominente sitzen in Regierungen und Parlamenten. Trotzdem hören die Schlagzeilen nicht auf.

Die Gegenseite sagt, die Vorlage schränke die Meinungsfreiheit ein. Stimmt nicht. Kritische Meinungen sind weiterhin möglich. Was jemand in seinem Freundeskreis oder am Stammtisch äussert (zum Beispiel Schwulenwitze), fällt nicht unter die erweiterte Strafnorm. Zu Recht werden eben nur schwere Sachen bestraft. Was mich zuversichtlich macht: Auch viele bürgerlich gesinnte Leute sind für ein Ja zum Schutz vor Hass.

Käthi Furrer, Co-Präsidentin SP Weinland

Ja zur Entlastungsinitiative

Die Mehrheit entlasten – aber nicht auf dem Buckel der Kantonsfinanzen

Die JUSO-Initiative will steuerbare Einkommen bis 120’000 Franken entlasten. Rund 90% der Steuerzahlenden würden von der Entlastungsinitiative profitieren. So müsste ein Haushalt bei 20’000 Franken Einkommen 306 Franken weniger Steuern bezahlen, bei 100’000 Franken wären es 476 Franken weniger. Nach ständigen Steuersenkungen zu Gunsten der Wohlhabenden sind jetzt endlich einmal auch die Normalverdienenden an der Reihe. Es ist höchste Zeit, die steigenden Mieten und immer höheren Krankenkassenprämien, aber auch die seit Jahren stagnierenden Löhne und Renten über Steuersenkungen mindestens ein wenig zu kompensieren.

Die Entlastung der unteren und mittleren Einkommen soll aber nicht zu tieferen Steuereinnahmen insgesamt führen, sondern durch deutlich höhere Steuern für die gut und sehr gut Verdienenden ausgeglichen werden. Bei einem steuerbaren Einkommen von 250’000. – erhöhte sich die Steuerrechnung um 7’674 Franken, bei einer Million sogar um fast 80’000 Franken. In der Gesamtbilanz würde ein Plus von rund 200 Millionen für den Kanton, aber auch beträchtliche Mehreinnahmen für die Gemeinden resultieren.

Wie immer bei Steuervorlagen malen die Gegner das Schreckgespenst der Steuerflucht aus dem Kanton Zürich an die Wand. Die Erfahrungen etwa mit der Abschaffung der Pauschalbesteuerung haben es aber klar gezeigt: Die Höhe der Steuern ist nur einer von vielen Standortfaktoren. Zürich bleibt mit seiner hervorragenden Infrastruktur und Lebensqualität trotz höherer Steuern attraktiv – auch für Reiche.

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen