Es braucht mehr Wertschätzung in der Gesundheitspolitik!

Im Frühling haben wir geklatscht auf den Balkonen, um unsere Wertschätzung für die Pflegenden in Heimen und Spitälern auszudrücken. Und was hat sich in der Zwischenzeit geändert?

Wenig bis nichts! Schon wieder ist Notstand in Heimen und Spitälern. Wieder fehlt Personal an allen Ecken und Enden, weil viele angesteckt oder in Quarantäne sind. Wieder sind die Pflegenden erschöpft und psychisch und physisch am Anschlag. Es kann nur das Nötigste getan werden, keine Zeit bleibt für Gespräche, Betreuung. Wo bleibt da die Wertschätzung für Pflegende und Patienten? Und warum ist das so?

In den vergangenen Jahrzehnten wurde unser Gesundheitssystem auf Sparsamkeit getrimmt, nach ökonomischen Gesichtspunkten ausgerichtet. Nur was Kosten spart, zählt. Die unseligen Fallpauschalen wurden eingeführt, beim «Kostenfaktor Personal» wurde gespart, dafür wurde der Wettbewerb unter den Spitäler angeheizt. Ein aufwendiger Service bei der Hotellerie für Privatpatienten wurde aufgebaut – denn diese rentieren. Und es soll, mindestens nach der Ansicht des Nationalrates, so weitergehen: Die Krankenkassen sollen nun auch in der Grundversicherung Gewinne machen dürfen, statt dass diese vollständig den Versicherten zugute kommen.

Diesen Kurswechsel verdanken wir den bürgerlichen Räten, die den Vorrang neoliberaler, rein nach Wirtschaftlichkeit ausgerichteter Grundsätze in der Gesundheitspolitik durchgesetzt haben. Wir brauchen aber ein Gesundheitssystem, bei dem die Heilung und das Wohlbefinden der Patienten sowie gute Arbeitsbedingungen für die Pflegenden im Vordergrund stehen. Wer bei den nächsten Wahlen die gleichen bürgerlichen Volksvertreter wieder wählt, ist selbst schuld!

Leserbrief von Jürg Keller, Oerlingen