«Das Beste war, die Bevölkerung als starke Gemeinschaft zu erleben.»

Karin Eigenheer, Gemeinderätin in Rheinau, tritt im kommenden Frühling nach acht Jahren zurück. In den Nullerjahren war Karin Eigenheer bereits zwei Amtsdauern lang Mitglied der RPK. Für einmal erscheint dieser Forumsbeitrag als Interview. Die Fragen zur Rückschau stellte Käthi Furrer, Co-Präsidentin der SP Weinland.

Welches sind deine Ressorts?

Ich bin verantwortlich für Soziales, Gesundheit und Kultur. Das Sozialreferat beinhaltet die Sozialhilfe mit den Bereichen Vormundschaften, Kesb, Asylwesen sowie ausserschulische Tagesstrukturen für Kinder, Jugendtreff und Jugendkommission Auf der anderen Seite des Altersspektrums betreue ich alles um das Thema Alter. Ausserdem bin ich zuständig für Bestattungen und den Friedhof.

Im Gesundheitswesen bin ich verantwortlich für die Arbeit im Zweckverband, welcher die Pflege und Betreuung im Zentrum für Seniorinnen und Senioren in Marthalen organisiert. Unter dem gleichen Dach ist neu auch die Spitex untergebracht. Ins Ressort Gesundheit fällt auch alles, was mit Gastgewerbe und Verkauf zu tun hat. Im Kulturbereich unterstehen mir die Dokumentationsstelle, der Tourismus und das Museum Rheinau. Mit alldem geht für mich eine spannende und erfüllende Zeit zu Ende.

Welche wichtigen Projekte haben Rheinau in deiner Amtszeit beschäftigt?

Eins davon war sicher die Aufwertung der Klosterinsel und des gesamten Klosterquartiers, wofür es einen Gestaltungsplan samt Mauerdruchbruch brauchte. Dieses erfolgreiche Projekt hat uns und den Kanton lange beschäftigt.

Erwähnenswert scheinen mir weiter der Neubau der «Poststrasse 25», ein gemeindeeigenes Gebäude mit sieben Mietwohnungen, sowie die Sanierung des «Doktorhauses», ebenfalls eine Liegenschaft mit erschwinglichen Mietwohnungen an zentraler Lage. Beides ist gut gelungen und trug dazu bei, dass unser Dorf nach wie vor eine Hausarztpraxis hat, gemeinschaftlich geführt von zwei bewährten Hausärzten.

Wobei hast du mitgewirkt? Worauf bist du stolz?

Wir hatten in Rheinau zweimal eine Erbschaft zu bearbeiten. Dabei ging es beide Male um Häuser, welche der Gemeinde von privater Seite zufielen. Meine Aufgabe war vor allem die aufwändige Sichtung und Räumung der Liegenschaften und deren Instandsetzung, so dass wir die Häuser am Ende gut verkaufen konnten. Aus den Erlösen haben wir Fonds gegründet, deren Verwendungszweck besonderen sozialen und kulturellen Projekten zu Gute kommt.

Gab es Geschäfte, die auch die Region betrafen?

Seit Jahren beschäftigt uns die Atommüllentsorgung. Rheinau gehört zu den betroffenen Gemeinden, namentlich bei einer Oberflächenanlage, falls das Endlager ins Weinland kommt. Unser Präsident ist bekanntlich in den Gremien der Regionalkonferenz vertreten und daher an vorderster Front mit dabei. Er orientiert Behörden und Gemeinde regelmässig über den Stand des Geschehens. Rheinau steht dem Projekt bzw. den allfäligen Belastungen kritisch gegenüber.

Welches waren Höhepunkte?

Das Beste für mich waren die guten Gefühle und Wahrnehmungen, wenn ich die Bevölkerung als starke Gemeinschaft erlebt habe, die am gleichen Strang zog. Das war beim Versuch mit dem Grundeinkommen der Fall. Oder bei der Corona-Pandemie, wo sich viele Leute aus dem Dorf seit der ersten Welle für Hilfs- und Nachbarschaftsdienste zur Verfügung stellten. Diese gelebte Solidarität zu sehen und war sehr eindrücklich.

Wie war die Zusammenarbeit im Behördenteam?

Wir sind ein sehr kollegiales Team, und ich glaube, genau dies wird mir am meisten fehlen. Die konstruktive Arbeit, das gegenseitige Vertrauen und der gute Umgang miteinander waren toll, auch das Feierabendbier im «Buck» nach den Sitzungen.

Deine Kontakte mit der Bevölkerung?

Ich habe viele vertrauensvolle Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern geführt und fühlte mich breit akzeptiert. Auch wenn ich nicht immer auf alle Fragen antworten konnte oder durfte, waren diese direkten Kontakte sehr wertvoll.

Konntest du deine Rolle als SP-Vertreterin wahrnehmen?

Ja, sicher. Bei der Gewichtung von sozialen Belangen, aber auch, wenn es um den schonenden Umgang mit Umwelt und Natur ging, habe ich bewusst meinen Einfluss im Kollegium geltend gemacht. Spielraum, den ich nutzen konnte, gab es immer wieder.

Warum trittst du zurück?

Verleidet ist es mir nicht, aber ich will jetzt Platz machen für neue Leute mit frischen Ideen. Zudem möchte nach den vielen Jahren in zwei Behörden wieder mehr Zeit für mein Privatleben haben, z. B. für meinen kleinen, einjährigen Enkel.

Was legst du deiner Nachfolgerin oder deinem Nachfolger ans Herz?

Ratschläge brauche ich keine zu erteilen, aber ich fände es schön, wenn Frauen nachfolgen würden. Für eine sorgfältige Übergabe stehe ich gerne zur Verfügung.

Was wünschst du Rheinau für die Zukunft?

Ich wünsche Rheinau einen sanften Tourismus rund um das Kloster, welcher die Gemeinde aufwertet, den es aber auch verkraften kann. Und ich wünsche uns weiterhin eine engagierte Bevölkerung, die mitdenkt und sich einbringt.

Käthi Furrer, Co-Präsidentin der SP Weinland, Artikel „Forum Andelfinger Zeitung“, Ausgabe vom Freitag, 12.11.21

PDF Andelfinger Zeitung, Ausgabe 12.11.21, Seite 13 (der Link öffnet das PDF in einem neuen Tab)