Aus dem Kantonsrat, …zum letzten…

An seiner Doppelsitzung am Montag hat sich der Kantonsrat mit der Abschreibung von Vorstössen beschäftigt, zwei parlamentarische Initiativen (der SVP und der Grünen) abgelehnt, eine Wahl ins Verwaltungsgericht vorgenommen, einen Beitrag an die Elektrifizierung der Winterthurer Verkehrsbetriebe und einen an zwei kulturelle Projekte genehmigt so- wie einem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Höhere Steuerabzüge für Krankenkassenprämien» zugestimmt.

So weit, so normal. Ich benutze die Gelegenheit deshalb gerne, um mich als Kantonsrat von den Leserinnen und Lesern der «Andelfinger Zeitung» zu verabschieden. Mit meinem Rücktritt aus dem Rat per Ende Mai werde ich selbstverständlich auch das monatliche Kommentieren der Kantonsratssitzun- gen meiner Nachfolgerin Sibylle Jüttner (SP, Andelfingen) überlassen.

Zeit also, um nach 15 Jahren Mitwirken im Kantonsrat Bilanz zu ziehen: Ich behalte vor allem die letzten drei Jahre als ausgesprochen erfolgreiche Zeit in Erinnerung. Mit den Wahlen 2019 hatten wir erstmals seit Jahrzehnten eine Mehrheit für fortschrittliche Lösungen in der Umwelt-, Klima- und Verkehrspolitik und in ausgewählten weiteren Politikbereichen. Ich habe als Präsident der SP-Fraktion unmittelbar nach den Wahlen die Initiative ergriffen und versucht, eine Kooperationsallianz zu organisieren. In monatlichen Treffen der Fraktionsspitzen der SP, der Grünliberalen, der Grünen, der EVP und der AL haben wir es geschafft, uns auf gemeinsame Vorstösse für eine wirksame Klimapolitik zu einigen und die Regierung zu be- auftragen, die frühe Förderung und Kinderbetreuung im Kanton Zürich voranzubringen. Das neue Energiegesetz konnte so unter Dach und Fach gebracht werden. Im zweiten Anlauf zeichnet sich eine gute Lösung auch beim Wassergesetz ab. Bei der Kinderbetreuung warten wir noch auf die Vorlage aus der Bildungsdirektion. Es ist zwar ärgerlich, dass Regierungsrätin Silvia Steiner – wohl aus wahltaktischen Gründen – dieses für Zürich so wichtige Thema auf die lange Bank geschoben hat; noch aber gibt es Hoffnung: Was lange währt, wird (vielleicht) endlich gut …

Ein abschliessendes Wort zur Zusammenarbeit der vier Kantonsräte aus unserem Bezirk: In all den Jahren haben wir uns, wenn es um die Interessen der Region ging, immer wieder zusammen- gefunden. Gemeinsam haben wir erfolg- reich für den Erhalt der SBB-Haltestelle Schloss Laufen gekämpft, die Regierung dazu gebracht, sich in der Frage Tiefenlager gegen eine Brennelemente-Verpackungsanlage auszusprechen, und wir haben die Problematik des Schwerverkehrs auf dafür ungeeigneten Dorfdurchgangsstrassen sowie die ungelösten Probleme rund um die Thurauen thematisiert. Wir taten das so erfolgreich, dass wir auch schon frotzelnd als «Weinland-Mafia» bezeichnet wurden. Mafiös waren wir selbstverständlich nie, dass wir aber als penetrante Vertreter der Interessen unserer Randregion wahrgenommen wurden, betrachte ich als Kompliment. Für diese konstruktive Kooperation bedanke ich mich bei meinen Kollegen herzlich. Ich bin über- zeugt, dass meine Nachfolgerin diese Politik nahtlos fortsetzen wird.

Beitrag aus der Andelfinger Zeitung vom Freitag, 20. Mai 2022

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen

Wie die Schulen geflüchtete Kinder und Jugendliche rasch integrieren

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns die menschliche Tragödie von Kriegsvertriebenen in einer ungewohnten Nähe vor Augen. Seit dem Jugoslawienkrieg fühlte sich kein Krieg so unmittelbar für die Schweiz an. So unternehmen der Kanton, aber auch die Gemeinden und die einzelnen Schulleitungen seit Ausbruch des Krieges viele Anstrengungen, damit geflüchtete schulpflichtige Kinder möglichst unkompliziert bei uns zur Schule gehen können.

Für die Sek II hat das Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) eine zentrale Stelle benannt, welche für alle Schulleitungen der Berufsschulen und Gymnasien Anlaufstelle ist. So wird versucht, die nötigen Triagen möglichst rasch und sinnvoll erfolgen zu lassen. Viele der älteren Jugendlichen verfügen über genügend Englischkenntnisse, sodass sie an den Gymnasien in die Englisch immersiv geführten Klassen aufgenommen werden können. Für jüngere Kinder und solche, die weniger gut Englisch können, wird ein Deutsch-Programm angeboten. Es bestehen Ideen, eigene Klassen zu bilden, sobald genug ukrainische Lehrerinnen vorhanden sind. Durch Kontakte zu den Hochschulen werden auch Studierende mit ukrainischen Wurzeln als mögliche Lehrpersonen angefragt.

Bis vor Kurzem haben sich Eltern und Verwandte von Geflüchteten mit ihren Kindern direkt bei uns an der Schule gemeldet. Wir haben bei uns an der Kanti Bülach zwei 17-jährige Jungs und ein jüngeres Mädchen aufgenommen. Bis zu den Frühlingsferien stellten wir jeden Tag einen für sie sinnvollen Stundenplan zusammen, während das Mädchen mit guten Deutschkenntnissen direkt in eine 3. Klasse (9. Schuljahr) integriert wurde. Zudem haben wir freiwillige Schüler:innen, welche während einer Spezialwoche der Schule Deutsch unterrichtet haben. Wir haben ausserdem schon vor mehreren Wochen mit einer Umfrage ermittelt, wer alles russisch sprechen kann. Bei der Integration unterstützen uns auch die Lehrerinnen, welche normalerweise für den Austausch fremdsprachiger Schüler:innen zuständig sind.

Vieles ist aber unklar und benötigt weitere Abklärungen. Die beiden Jungen hätten im nächsten Herbst in ihrer Heimat die Matur gemacht. Dies wird unmöglich sein, da sie aus Städten geflohen sind, welche stark kriegszerstört sind. Das heisst, sie werden auf jeden Fall länger bleiben und sollten wenn möglich in den nächsten zwei Jahren bei uns eine Matur machen können, um den nötigen Zugang zu den Hochschulen zu erhalten. Wie das gehen soll, weiss noch niemand.

Viele der Kinder und Jugendlichen haben furchtbare Erfahrungen gemacht, und die Schulen können die nötige psychologische Unterstützung nicht bieten, zumal wir leider jetzt schon immer mehr Jugendliche haben, welche psychologische und psychiatrische Unterstützung brauchen und es an Therapieplätzen fehlt. Das wird mittelfristig sicher ebenfalls eine Herausforderung für die Schulen, die Gemeinden und den Kanton werden.

Sibylle Jüttner, SP Weinland, Prorektorin, Schulpflegerin Sek. Andelfingen