Ist die schulische Integration gescheitert?

Die Diskussion schlägt momentan hohe Wellen: Die Kleinklassen müssen wieder eingeführt werden, separierter Unterricht ist nötig, die Integration ist gescheitert! Nun sind die Probleme, die bei der Integration von Problemschülern in die Regelklassen auftreten, nicht zu übersehen. Und wer, wie ich selbst, dies als Lehrer hautnah erlebt hat, weiss, dass massive Schwierigkeiten in der Klasse resultieren können und auch erfahrene Lehrkräfte daran scheitern können, mit gravierenden Folgen für ihre beruflichen Kompetenzen. Da wird es sicher vernünftig sein, eine zeitweise Umteilung ins Auge zu fassen, damit sich die Situation beruhigen kann. Nur: Das darf nicht zur bequemen Regel werden. Die oder der fällt auf: Ab in die Klein- oder ehrlicher Spezialklasse!

Die Integration ist ein Ziel, das weiterverfolgt werden muss, weil es für unsere Gesellschaft extrem wichtig ist. Nur schon die Möglichkeit für die «normalen» Schüler:innen in der Klasse, mit behinderten oder schwierigen Mitschüler:innen zusammenzuleben, einen Weg zu finden, wie sie mit ihnen zusammen arbeiten können, ist gerade für diese «Normalos» eine wichtige Erfahrung. Wir sind uns gewohnt, dass die Behinderten, die Schwierigen, die Alten und auch der Tod kaschiert, in speziellen Institutionen untergebracht und damit für uns weitgehend unsichtbar sind. Aber gerade Erfahrungen mit Menschen, die anders sind, können Kinder und Jugendliche prägen und reifen lassen. Und natürlich profitieren die Kinder, die früher in Kleinklassen separiert wurden, wenn sie nicht ausgeschlossen, in eine «Spezialklasse» abgeschoben werden. Diese Abgeschobenen laufen nur zu leicht in die Falle von Rechtsextremismus, Gewalt oder Kriminalität, um ihr angeschlagenes Selbstbild aufzupolieren, und, nebenbei gesagt, mit grossen Kosten für unsere Gesellschaft.

Aber was braucht nun eine Lehrkraft, die in einer grossen Klasse vor Problemen mit Kindern stehen, die spezielle Betreuung benötigen? Sie braucht eine kleinere Klasse, sie braucht Unterstützung im Unterricht von kompetenten, gut ausgebildeten Pädagogen, sie braucht ein grosses Klassenzimmer mit einem Nebenraum, denn nur schon Abstand kann einen Konflikt beruhigen. All das kostet, und die Bürgerlichen werden dies bekämpfen. Aber es führt kein Weg daran vorbei: Für eine gelungene Integration sind Ressourcen nötig, wir dürfen die Lehrkräfte nicht mit dieser Aufgabe allein lassen. Gute Bildung kostet! Am nächsten Wochenende haben wir es in der Hand, mit dem Wahlzettel die Weichen richtig zu stellen.

Jürg Keller, SP Weinland