Pro und Kontra: Gegenvorschlag zur Gerechtigkeitsinitiative

Ein Beitrag zur Abstimmung vom 27. November in der Ausgabe vom 15.11. in der Andelfinger Zeitung vom 15. November 2022

Kontra: Nein zum Gegenvorschlag der (Un-)gerechtigkeitsinitiative, von Holger Gurtner, Gemeinderat und Kantonsratskandidat SP Weinland.

Die Zahlen sprechen Bände. Unter 70’000 Franken Einkommen werden für Betroffene wenig bis keine Steuereinsparungen erzielt. Eine solche Initiative als gerecht zu verkaufen, erscheint mir fadenscheinig und betrügerisch.

Der Gegenvorschlag des bürgerlich dominierten Kantonsrates geht, wenn auch etwas milder, in die gleiche Richtung. Auch der Gegenvorschlag entzieht dem Kanton Steuergelder von um die 90 Millionen Franken. Geld, dass dringend an anderen Orten gebraucht wird. Mit dem Entzug einer so hohen Summe wird riskiert, dass die Prämienverbilligung im Kanton Zürich für die Familien weiter gekürzt wird.

Die Prämien steigen. Dies ist der Hauptgrund, weswegen wir alle höhere Kosten tragen müssen. Zusätzliche Steuerabzüge sind ein ungerechter Weg, die Kosten für die Familien zu senken. Auch für den Mittelstand. Die Reduktion der Gesundheitskosten muss auf andere Weise erfolgen. Beispielsweise mit niedrigeren Medikamentenpreisen, weniger Werbeausgaben der Kassen (die Plakatwände sind derzeit voll, um Wechselwillige zu beeindrucken) und der Nutzung der exorbitanten Reserven der Krankenkassen (12.4 Milliarden zu Beginn 2022).

Die Familien sind auf gerechte Entlastung angewiesen, nicht auf Schein-Entlastung auf Kosten aller. Wenn der Kanton andauernd mit Steuergeschenken an Wohlhabende in seiner Finanzkraft geschwächt wird, vergrössern sich die Ungerechtigkeiten weiter.

Aus diesen Gründen lege ich 2 x Nein in die Wahlurne am 27. November und hoffe, die Stichfrage zugunsten des Gegenvorschlags ist überflüssig.

Die Pro Argumente von Maja Müller, Co-Präsidentin EVP Bezirk Andelfingen können Sie im Artikel der Andelfinger Zeitung lesen.

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SP-Forumsartikel der Andelfinger Zeitung, Ausgabe Freitag, 26.08.2022

Nach den rekordheissen Schulferien berichten die Zeitungen neben dem verunsichernden Geschehen in der Ukraine auch über die aussergewöhnliche Trockenheit. Selbst die Gemeinden sehen sich gezwungen, ein allgemeines Feuerverbot auszusprechen. Der sonst so zuverlässige Rhein führt nur noch einen Drittel seiner üblichen Sommerabfluss-Menge. Dies mit Konsequenzen. Kürzlich kündigte das Kraftwerk Schaffhausen an, eine seiner Turbinen abzuschalten, weil ein wirtschaftlicher Betrieb mit dem Wasserabfluss von um die190m3 (19.8.2022/BAFU) nicht mehr möglich ist. Da der Stromverbrauch und somit auch die Lieferverpflichtungen der Kraftwerksbetreiber jedoch nahezu gleichbleiben, müssen die Anbieter den nicht selbstproduzierten Strom zu teureren Preisen an den Strombörsen zukaufen. Mit viel Solarenergie und dem zusätzlichen Schmelzwasser aus den Gletschergebieten ist die Lage im Sommer noch stabiler. Wenn im Winter Sonne und Wasser geringere Energie liefern, wird sich die Lage verschärfen. Folglich steigen die Preise und Strom wird knapp.

Die ungefähren Stromkosten für einen Vierpersonenhaushalt liegen bei etwa CHF 950.- (4500 Kilowattstunden pro Jahr). Sollten sich diese Kosten in der Folge einer Verteuerung des Stroms verdoppeln, führt dies vor allem bei niedrigen Einkommen zu einem grossen Loch im Budget. Dies bedeutet 80 Franken pro Monat weniger im Portemonnaie, was z. B. einem Monatsabo des ZVV für 1-2 Zonen entspricht. Die Heizkosten, die wegen des Gaspreises auch steigen dürften, sind darin noch nicht einmal einberechnet. Bereits jetzt erhöhen Vermieter die monatlichen Nebenkosten empfindlich.

Wir müssen Mittel und Wege finden, dieser Entwicklung einerseits durch sparsameren Umgang im Verbrauch und andererseits auch mit abfedernden Massnahmen (z. B. steuerliche Abzugsmöglichkeiten der zusätzlichen Kosten bei tiefen Einkommen, einkommensabhängige Tarifierung der Strompreise o.ä.) zu begegnen. So können wir verhindern, dass Menschen mit weniger Geld in die Armut abrutschen.

Leider trifft die Teuerung der Strompreise auch die Unternehmen hart, welche auf dem freien Markt ihre Energie einkaufen. Dort ist die Preissteigerung noch viel schneller zu spüren und die Produkte verteuern sich so ebenfalls markant. Auch hier muss es gelingen, Unternehmen mit vielen Angestellten zu unterstützen, damit sie diese nicht als Folge der Preiserhöhungen entlassen müssen. Mögliche Stromunterbrüche sollten im Voraus kommuniziert werden, um die betrieblichen Abläufe planen zu können. Jedes eingesparte Watt hilft, dass eine Strommangellage verhindert oder verkürzt werden kann.

Holger Gurtner, SP Weinland, Gemeinderat Feuerthalen, Ressort Gesellschaft, Kandidat der SP-Weinland für die Kantonsratswahlen 2023

Parolen der SP zu den Abstimmungen vom 25. September 2022

Eidgenössische Abstimmungen

JA zur Massentierhaltungsinitiative Argumente lesen

NEIN Zum Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer Argumente lesen

NEIN zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV 21) Argumente lesen

NEIN zur Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer Argumente lesen oder Argumente sehen:

Kantonale Abstimmungen

JA Gegenvorschlag zur «Kreislauf-Initiative» Argumente lesen

JA zur Volksinitiative «Keine Steuergeschenke für GrossaktionärInnen» Argumente lesen

Delegiertenversammlung  SP Kanton Zürich, 14 Juli 2022

Teilnehmende der SP Weinland: Daniel Ringli, Benno Stadelmann und Peter Kissling.

DV im klimatisierten Volkshaus, weisser Saal. Begrüssungsrede von Priska Seiler Graf.
Fazit ihrer Rede; die SP muss bei den nächsten Wahlen erfolgreich sein!

Die Podiumsdiskussion „Transgenerational“ dauerte Dreiviertelstunde.

Beim nächsten Traktandum ging es um das Nominationsreglement für die kommenden Kantonsrat Wahlen und im Herbst 2023 für die Nationalratswahlen. Dieses Traktandum musste am Kantonalen Parteitag auf den heutigen Tag verschoben werden, wegen einigen Änderungswünschen. Im einzelnen ging es um die Formulierung mit allen Minderheiten-Erwähnungen. Der Vorschlag der Geschäftsleitung setzte sich gegen den Antrag der Juso durch. Auch gegen die alte Formulierung obsiegte der GL Vorschlag. Somit gilt das neue Nominationsreglement auf Vorschlag der Geschäftsleitung.

Nächstes Traktandum war die Vorstellung der UMKO „Umweltkommission SP Kanton Zürich“. Es werden uns Mustervorstösse gezeigt wie z.B. Heizungen bei Schulhäusern erneuern, oder Biogas-Anlagen fördern etc..
Der Vorstand der SP Weinland wird Prüfen ob etwas dabei ist um in unserem Bezirk an den nächsten Gemeindeversammlung einzureichen.

Als nächstes wird die Rechnung 2020/21 einstimmig angenommen.

Am nächsten Abstimmungs-Sonntag , 25.September 2022 liegen zwei kantonale Vorlagen vor.
Die erste :Kreislauf-Initiative, eine Verfassungs Änderung.
Alle Parteien im Kantonsrat sind für Annahme. Es handelt sich um einen Gegenvorschlag des Regierungsrates, deshalb stimmt das Wahlvolk darüber ab. Es wurde die Parole  JA beschlossen.

Die zweite Vorlage heisst „Keine Steuergeschenke für Grossaktionärinnen und Grossaktionäre“ . Dies ist eine Volksinitiative und auch da wurde die JA Parole beschlossen.

Erläuterungen zu diesen beiden Vorlagen finden sich radiisli und werden mit weiterführenden Links auch auf der Webseite publiziert.

Nach dem Traktandum „Verschiedenes“ wurden wir in die Sommerferien entlassen und die SBB brachte uns wieder sicher ins Weinland nach Hause.

Peter Kissling, Delegierter SP Weinland

Aus dem Kantonsrat, …zum letzten…

An seiner Doppelsitzung am Montag hat sich der Kantonsrat mit der Abschreibung von Vorstössen beschäftigt, zwei parlamentarische Initiativen (der SVP und der Grünen) abgelehnt, eine Wahl ins Verwaltungsgericht vorgenommen, einen Beitrag an die Elektrifizierung der Winterthurer Verkehrsbetriebe und einen an zwei kulturelle Projekte genehmigt so- wie einem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Höhere Steuerabzüge für Krankenkassenprämien» zugestimmt.

So weit, so normal. Ich benutze die Gelegenheit deshalb gerne, um mich als Kantonsrat von den Leserinnen und Lesern der «Andelfinger Zeitung» zu verabschieden. Mit meinem Rücktritt aus dem Rat per Ende Mai werde ich selbstverständlich auch das monatliche Kommentieren der Kantonsratssitzun- gen meiner Nachfolgerin Sibylle Jüttner (SP, Andelfingen) überlassen.

Zeit also, um nach 15 Jahren Mitwirken im Kantonsrat Bilanz zu ziehen: Ich behalte vor allem die letzten drei Jahre als ausgesprochen erfolgreiche Zeit in Erinnerung. Mit den Wahlen 2019 hatten wir erstmals seit Jahrzehnten eine Mehrheit für fortschrittliche Lösungen in der Umwelt-, Klima- und Verkehrspolitik und in ausgewählten weiteren Politikbereichen. Ich habe als Präsident der SP-Fraktion unmittelbar nach den Wahlen die Initiative ergriffen und versucht, eine Kooperationsallianz zu organisieren. In monatlichen Treffen der Fraktionsspitzen der SP, der Grünliberalen, der Grünen, der EVP und der AL haben wir es geschafft, uns auf gemeinsame Vorstösse für eine wirksame Klimapolitik zu einigen und die Regierung zu be- auftragen, die frühe Förderung und Kinderbetreuung im Kanton Zürich voranzubringen. Das neue Energiegesetz konnte so unter Dach und Fach gebracht werden. Im zweiten Anlauf zeichnet sich eine gute Lösung auch beim Wassergesetz ab. Bei der Kinderbetreuung warten wir noch auf die Vorlage aus der Bildungsdirektion. Es ist zwar ärgerlich, dass Regierungsrätin Silvia Steiner – wohl aus wahltaktischen Gründen – dieses für Zürich so wichtige Thema auf die lange Bank geschoben hat; noch aber gibt es Hoffnung: Was lange währt, wird (vielleicht) endlich gut …

Ein abschliessendes Wort zur Zusammenarbeit der vier Kantonsräte aus unserem Bezirk: In all den Jahren haben wir uns, wenn es um die Interessen der Region ging, immer wieder zusammen- gefunden. Gemeinsam haben wir erfolg- reich für den Erhalt der SBB-Haltestelle Schloss Laufen gekämpft, die Regierung dazu gebracht, sich in der Frage Tiefenlager gegen eine Brennelemente-Verpackungsanlage auszusprechen, und wir haben die Problematik des Schwerverkehrs auf dafür ungeeigneten Dorfdurchgangsstrassen sowie die ungelösten Probleme rund um die Thurauen thematisiert. Wir taten das so erfolgreich, dass wir auch schon frotzelnd als «Weinland-Mafia» bezeichnet wurden. Mafiös waren wir selbstverständlich nie, dass wir aber als penetrante Vertreter der Interessen unserer Randregion wahrgenommen wurden, betrachte ich als Kompliment. Für diese konstruktive Kooperation bedanke ich mich bei meinen Kollegen herzlich. Ich bin über- zeugt, dass meine Nachfolgerin diese Politik nahtlos fortsetzen wird.

Beitrag aus der Andelfinger Zeitung vom Freitag, 20. Mai 2022

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen

Wie die Schulen geflüchtete Kinder und Jugendliche rasch integrieren

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns die menschliche Tragödie von Kriegsvertriebenen in einer ungewohnten Nähe vor Augen. Seit dem Jugoslawienkrieg fühlte sich kein Krieg so unmittelbar für die Schweiz an. So unternehmen der Kanton, aber auch die Gemeinden und die einzelnen Schulleitungen seit Ausbruch des Krieges viele Anstrengungen, damit geflüchtete schulpflichtige Kinder möglichst unkompliziert bei uns zur Schule gehen können.

Für die Sek II hat das Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) eine zentrale Stelle benannt, welche für alle Schulleitungen der Berufsschulen und Gymnasien Anlaufstelle ist. So wird versucht, die nötigen Triagen möglichst rasch und sinnvoll erfolgen zu lassen. Viele der älteren Jugendlichen verfügen über genügend Englischkenntnisse, sodass sie an den Gymnasien in die Englisch immersiv geführten Klassen aufgenommen werden können. Für jüngere Kinder und solche, die weniger gut Englisch können, wird ein Deutsch-Programm angeboten. Es bestehen Ideen, eigene Klassen zu bilden, sobald genug ukrainische Lehrerinnen vorhanden sind. Durch Kontakte zu den Hochschulen werden auch Studierende mit ukrainischen Wurzeln als mögliche Lehrpersonen angefragt.

Bis vor Kurzem haben sich Eltern und Verwandte von Geflüchteten mit ihren Kindern direkt bei uns an der Schule gemeldet. Wir haben bei uns an der Kanti Bülach zwei 17-jährige Jungs und ein jüngeres Mädchen aufgenommen. Bis zu den Frühlingsferien stellten wir jeden Tag einen für sie sinnvollen Stundenplan zusammen, während das Mädchen mit guten Deutschkenntnissen direkt in eine 3. Klasse (9. Schuljahr) integriert wurde. Zudem haben wir freiwillige Schüler:innen, welche während einer Spezialwoche der Schule Deutsch unterrichtet haben. Wir haben ausserdem schon vor mehreren Wochen mit einer Umfrage ermittelt, wer alles russisch sprechen kann. Bei der Integration unterstützen uns auch die Lehrerinnen, welche normalerweise für den Austausch fremdsprachiger Schüler:innen zuständig sind.

Vieles ist aber unklar und benötigt weitere Abklärungen. Die beiden Jungen hätten im nächsten Herbst in ihrer Heimat die Matur gemacht. Dies wird unmöglich sein, da sie aus Städten geflohen sind, welche stark kriegszerstört sind. Das heisst, sie werden auf jeden Fall länger bleiben und sollten wenn möglich in den nächsten zwei Jahren bei uns eine Matur machen können, um den nötigen Zugang zu den Hochschulen zu erhalten. Wie das gehen soll, weiss noch niemand.

Viele der Kinder und Jugendlichen haben furchtbare Erfahrungen gemacht, und die Schulen können die nötige psychologische Unterstützung nicht bieten, zumal wir leider jetzt schon immer mehr Jugendliche haben, welche psychologische und psychiatrische Unterstützung brauchen und es an Therapieplätzen fehlt. Das wird mittelfristig sicher ebenfalls eine Herausforderung für die Schulen, die Gemeinden und den Kanton werden.

Sibylle Jüttner, SP Weinland, Prorektorin, Schulpflegerin Sek. Andelfingen

Der Spätzünder hört frühzeitig auf

Markus Späth-Walter tritt als Fraktionspräsident der SP im Kantonsrat per Ende Mai zurück. Im Gespräch mit Sergio Scagliola zieht er Bilanz über seine Arbeit im Kantonsrat und sieht die Zukunft der Kantonspolitik optimistisch. 

Ein Artikel der p.s. , Die linke Zürcher Zeitung, vom 14. April 2022

Wie lange hätten Sie noch weitergemacht, wenn das Alter keine Rolle spielen würde? 

Markus Späth-Walter: Sicher noch vier Jahre. Die Politik und das Amt machen mir nach wie vor extrem viel Spass – ehrlicherweise sogar so viel wie noch nie, seit wir bei vielen wichtigen Fragen im Kantonsrat eine Mehrheit haben. Dass ich diese Mehrheit mitorganisieren durfte, erfüllt mich mit echter Befriedigung. Ich habe keineswegs genug von kantonaler Politik, mein Rücktritt erfolgt aus politischer Vernunft. Mit bald 69 Jahren sollte man Platz machen. In der Partei gibt es genug jüngere Leute, die darauf warten, Verantwortung zu übernehmen. 

Gleichzeitig haben Sie dadurch, dass Sie das Amt ein Jahr vor Ende der Legislatur aufgeben, gute Voraussetzungen für ihre Nachfolge geschaffen…

Genau. Das neue Fraktionspräsidium hat jetzt acht Monate Zeit, in diesem Amt anzukommen und sich in der Geschäftsleitung des Kantonsrats zu etablieren. Der Legislaturwechsel im Frühling 2023 ist für das Präsidium ziemlich anspruchsvoll – man muss schauen, dass die Kommissionssitze nach Wunsch und Eignung richtig verteilt werden, dass die Fraktion möglichst einflussreiche Kommissionspräsidien erhält und diese personell optimal besetzt werden können. Die Weichen für einen reibungslosen Wechsel im Fraktionspräsidium sind nun gestellt. Zudem kann meine Nachfolgerin aus dem Weinland im Kantonsrat erste Erfahrungen sammeln und im Februar bei den Wahlen als Bisherige antreten, was vorteilhaft sein dürfte. 

Gibt es ein Thema, das Sie im Kantonsrat gerne noch weiter bearbeitet hätten?

Mehrere, vor allem aber das Thema Atommüll. Das Tiefenlager zur Entsorgung radioaktiver Abfälle im Zürcher Weinland hat mich während der ganzen Zeit im Kantonsrat begleitet. Im Vergleich mit der Bildungspolitik oder mit meinem zweiten regionalpolitischen Schwerpunktthema, dem Rheinfall, waren wir beim Tiefenlager aber nicht wirklich erfolgreich. Das Thema, das eigentlich für den ganzen Kanton Zürich von grösster Bedeutung ist, interessierte ausserhalb der direkt betroffenen Region niemanden ernsthaft und wurde auch von den Medien praktisch totgeschwiegen. Offensichtlich haben die meisten das Gefühl, das Weinland und das Zürcher Unterland seien so weit weg, dass eine Atommüll-Deponie mit ihnen nichts zu tun habe. Dabei ist die Entsorgung des Nuklearmülls eine der ganz grossen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Ich bin aber sicher, dass meine Nachfolgerin sich mit demselben Nachdruck um die Frage kümmern wird – hoffentlich mit mehr Resonanz … 

Sind Sie diesbezüglich positiv gestimmt?

Dass sie das macht, ja. Dem ganzen Thema gegenüber weniger. Die Wahrscheinlichkeit, dass das geologische Tiefenlager im Kanton Zürich, entweder in Nördlich-Lägern oder im Weinland, gebaut wird, ist gross. Wenn wissenschaftlich einwandfrei nachgewiesen wird, dass die untergründige Gesteinsschicht aus Opalinuston in einer dieser beiden Regionen die besten Voraussetzungen für die sichere Einlagerung des Atommülls bietet, müssen und werden wir das akzeptieren. Dann wird es aber darum gehen, die Ausgestaltung der Oberflächenanlagen so landschafts- und umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Wir sprechen von einer Anlage von der Grösse der Winterthurer Altstadt. Wir werden alles da-
ran setzen, diese Oberflächenanlagen auf das absolut notwendige Minimum zu beschränken. Vor allem aber werden wir nicht tolerieren, dass in einer landwirtschaftlich geprägten intakten Landschaft eine riesige, grossindustrielle Brennelemente-Verpackungsanlage entsteht, die irgendwo errichtet werden kann. 

Sie haben als eines ihrer Schwerpunktthemen die Bildungspolitik erwähnt. Sind hier die grössten Erfolge zu verorten?

Einiges konnte ich hier sicher bewegen. Ein Erfolg war beispielsweise, dass es mir gelungen ist, eine Regelung im Universitätsgesetz festzuschreiben, das der Universität klar die Verantwortung für die Ausbildung von GymnasiallehrerInnen zuschreibt. So ist sichergestellt, dass die Lehrpersonen an Kantonsschulen auch in Zukunft an einer Institution die fachwissenschaftliche und die pädagogische Ausbildung absolvieren können und die Universität dafür auch attraktive Ausbildungsgänge anbieten muss.

Erfolgreich war auch der Vorstoss, das Programm Chagall im ganzen Kanton einzuführen: Eine Mehrheit unterstützte die Forderung, dass für begabte und motivierte Kinder aus benachteiligten Familien flächendeckend spezielle Förderprogramme eingerichtet werden sollten. Die Regierung arbeitet aktuell an der Umsetzung der Forderung. Die Signale, dass an dieser wichtigen Schnittstelle in unserm Bildungswesen bald echte Verbesserungen zugunsten der Unterprivilegierten eingeführt werden, stehen gut.

Im Gegenzug: Was wäre als Misserfolg anzuführen?

Trotz der Zustimmung zum Chagall-Vorstoss muss leider festgehalten werden, dass der Übertritt von der Primarschule ins Gymnasium nach wie vor alles andere als gerecht geregelt ist. Die Bildungschancen sind sehr ungleich verteilt. SchülerInnen aus der Stadt oder vom rechten Seeufer treten in aller Regel ungleich besser vorbereitet zur Gymi-Prüfung an –zum einen, weil sie in der Volksschule unter dem Druck der Eltern intensiver auf die Prüfung trainieren können, zum anderen, weil sich ihre Eltern teuren Zusatzunterricht leisten. Kinder vom Land oder aus sozial schwächeren Kreisen, die sich das nicht leisten können, haben einen massiven Nachteil. Trotzdem müssen alle die gleiche Prüfung absolvieren. Das ist ungerecht und aus sozialdemokratischer Sicht unerträglich. 

Wieso haben Sie nie für den Regierungsrat kandidiert? Parteiinternes Standing dürften Sie schliesslich genug aufgewiesen haben.

Echt? Im Ernst: Die Frage hat sich mir ernsthaft nie gestellt. Ich bin mit 54 Jahren erst relativ spät in den Kantonsrat gekommen. Das Amt an sich hätte mich durchaus interessiert, aber dann hätte ich mich mindestens 10 Jahre früher in der kantonalen Politik engagieren müssen.

Die letzten Jahre waren bei der SP aber auch durch innerparteiliche Differenzen geprägt. Sie standen dabei oft etwas am Rand der Diskussion, aber selten im Kreuzfeuer. Wieso?

Ich habe mich lange dafür eingesetzt, dass Mario Fehr in der SP bleibt. Ich tat dies in der Einschätzung, dass er als Sozialminister eine solide sozialdemokratische Politik gemacht hat im Regierungsrat – und dies weitgehend heute noch tut. Wir haben natürlich Differenzen im Asylbereich, die kann und soll man auch nicht wegreden, aber in der Sozialpolitik – Stichwort Sicherung der SKOS-Richtlinien im Kanton Zürich oder beim Behinderten-Selbstbestimmungsgesetz – liess er sich von klar linken Positionen leiten und hat diese im Kantonsrat erfolgreich vertreten. Sachpolitisch hätte der Austritt deshalb verhindert werden können. Im zwischenmenschlichen Bereich ist aber einfach über viele Jahre hinweg zu viel passiert. Deshalb war es am Ende folgerichtig für alle Beteiligten, dass wir uns mit Anstand getrennt haben.

Die Juso hat beim Konflikt mit Mario Fehr ja ein grosse Rolle gespielt: Was wünschen Sie sich vom zukünftigen «Stress», den die Jungpartei machen soll?

Zunächst mal: Die Juso sind ein absoluter Trumpf für die Partei. Ich bin froh und dankbar, dass wir eine solche Jungpartei haben. Viele tolle Polittalente haben ihre ersten politischen Schritte bei den Juso absolviert und nehmen heute zu Recht wichtige Positionen in der Partei ein. Darauf können wir echt stolz sein. Jede andere Partei kann uns da nur beneiden. Von der aktuellen Generation der Juso würde ich mir einzig wünschen, dass sie sich neben dem Kampf für Gendergerechtigkeit auch ebenso stark für die zentralen Anliegen der Partei, also Steuerpolitik, Finanzpolitik, Sozialpolitik und Klimapolitik engagieren.

Sie meinten am 1. Mai 2018, im Rückblick auf 100 Jahre seit dem Generalstreik sei aus sozialdemokratischer Sicht das Glas halb voll. Im Rückblick auf die laufende Legislatur: Sind wir im Kanton Zürich auf einem guten Weg?

In den letzten drei Jahren hat sich das Glas eindeutig etwas gefüllt. Wir sind im Bereich der Sozialpolitik im sozialdemokratischen Sinn einen deutlichen Schritt weiter gekommen Die Jugendheime werden solidarisch durch alle Gemeinden finanziert und nicht mehr wie zuvor nur von jenen, die Heimplatzierungen allein tragen mussten. Auch mit dem Behinderten-Selbstbestimmungsgesetz haben wir einen wesentlichen Fortschritt erreicht. Die Gemeindestrassen können künftig aus dem kantonalen Strassenfonds mitfinanziert werden. Damit steht weniger Geld für Luxus-Umfahrungsstrassen und andere Strassenausbauprojekte zur Verfügung. Auch dass wir die drohende Privatisierung der Wasserkraft und der Leitungsnetze der Axpo verhindern konnten, war essenziell. Das sind alles grössere und kleinere Tropfen, die dazu beigetragen haben, das Glas zu füllen. 

Und betreffend Pandemie: Sind durch Covid nicht genau starke Gegeneffekte aufgetreten? Ich würde mir vorstellen, dass das für das Füllen des Glases nicht gerade förderlich ist.

Nein, im Gegenteil. Die Pandemie hatte zur Folge, dass das Glas stärker gefüllt wird. Die Gesellschaft hat erkannt, dass ein starker, solidarischer Staat in Krisensituationen für alle von der Krise Betroffenen ohne Alternative ist. Das entspricht im Kern der sozialdemokratischen Grundüberzeugung. Das können wir uns nur leisten, wenn der Staat solide finanziert ist, unser steter und meist erfolgreicher Kampf gegen unsinnige Steuersenkungsvorlagen der rechten Parteien hat dafür wichtige Grundlagen gelegt. 

Wir werden so dafür sorgen, dass der Staat auch in zukünftigen Krisen die Rolle des letzten Retters wieder spielen kann. Eine solide Mehrheit der Bevölkerung hat in und dank der Krise erkannt, dass dem Staat und dem von ihm garantierten Service public im Gesundheitswesen, in der Bildung, für Gewerbe und Industrie gerade, aber nicht nur in schwierigen Zeiten allerhöchste Bedeutung zukommt. 

Um nochmals die Klimaallianz anzusprechen – das war schliesslich auch ein wichtiges Thema während Ihrem Amt: Sind Sie optimistisch gestimmt?

Das Energiegesetz hat gezeigt, dass wir sehr gut unterwegs sind. Der Kanton Zürich unternimmt die richtigen, nötigen Schritte gerade noch rechtzeitig. Für uns Sozialdemokraten ist die Klimapolitik eine ganz besondere Herausforderung: Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die drohende Klimakatastrophe sozialverträglich bekämpft werden kann. Wir müssen noch stärker als bisher das soziale Gewissen der Umweltallianz sein. Es darf nicht sein, dass am Schluss die sozial Schwächsten den höchsten Preis für den Klimawandel zahlen müssen. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal, das uns weder die Grünen und noch viel weniger die GLP ernsthaft streitig machen können. 

Was geben Sie Ihrer Nachfolge mit auf den Weg?

Dass sie der Klimaallianz Sorge tragen sollen. Gleichzeitig hoffe ich, dass sie es fertigbringen – vielleicht akzentuierter als wir das bisher getan haben – die SP in der gemeinsamen Strategie besser sichtbar zu machen – als die führende soziale Umweltpartei.

Ein Artikel der p.s. , Die linke Zürcher Zeitung, vom 14. April 2022

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