Das sensationelle Ergebnis der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III gab selbstverständlich auch im Kantonsrat zu reden. Die AL-Fraktion thematisierte das sehr deutliche Nein in einer Fraktionserklärung. Wundenlecken bei SVP und FDP, Genugtuung bei Grünen und SP waren aber auch in vielen Lobbygesprächen und in der Ratspause angesagt.
Der klare Volksentscheid ist nicht einfach ein Erfolg der politischen Linken. Er ist in erster Linie ein Sieg der schweizerischen direkten Demokratie. Die StimmbürgerInnen haben für einmal dem massiven Druck der Wirtschaft, aller bürgerlichen Parteien, den vereinigten kantonalen Finanzdirektoren und einer millionenschweren aggressiven Angst-Kampagne widerstanden; sie haben klar gemacht, dass sie nicht bereit sind, schon wieder die Zeche für einen unsinnigen internationalen und kantonalen Steuerwettbewerb bei der Gewinnbesteuerung zu bezahlen. Eine deutliche Mehrheit will, dass die Unternehmen sich auch in Zukunft angemessen an der Finanzierung der Infrastruktur, der Bildung und des Gesundheitswesens beteiligen.
Die Ablehnung der USR III ist ein Warnschuss für die FDP und die SVP: Auch wer im Parlament über eine Mehrheit verfügt, kann nicht einfach wild drauflos politisieren. Sonst resultieren eben unausgewogene Vorlage, die einseitig nur die Interessen der eigenen Klientel verfolgen, und vom Volk verworfen werden.
Auch im Kanton Zürich sind die FDP und die SVP im Moment übermütig und rücksichtslos unterwegs. Beispiele gefällig?
- Die beiden grossen bürgerlichen Parteien sind drauf und dran, das Sparpaket der Regierung an die Wand zu fahren, um egoistische Sonderinteressen zu bedienen; sie wollen die Steuerabzüge zu Gunsten der Auto-Pendler auf 5000 Franken erhöhen und die Abgabe für Privatspitäler, die entgegen allen Verpflichtungen fast nur Privatpatienten behandeln, verwerfen. Beide Massnahmen würden den Kanton pro Jahr rund 100 Millionen Franken kosten und den mittelfristigen Finanzausgleich torpedieren.
- Beim Kantonsspital Winterthur und bei der Integrierten Psychiatrie Winterthur haben sie bereits einer Umwandlung in Aktiengesellschaften zugestimmt, die in fünf Jahren ganz oder teilweise privatisiert werden können. Sie nehmen bewusst in Kauf, dass auch diese beiden für die Grundversorgung unserer ganzen Region unverzichtbaren Spitäler in die Hand von profitorientierten ausländischen Investment-Gesellschaften geraten. Das Risiko, dass in absehbarer Zukunft in Winterthur ausschliesslich gewinnbringende Behandlungen angeboten werden und nur noch gutbetuchte Patienten willkommen sind, ist ihnen offensichtlich egal.
Auch in diesen Fällen wird zum Glück das Volks das letzte Wort haben. Das Referendum gegen die beiden Winterthurer Spitalprivatisierungen ist bereits eingereicht. Auch bei den beiden anderen Vorlagen werden entsprechende Beschlüsse vorbereitet. Nach den Ergebnissen des letzten Wahlwochenendes gibt es durchaus Grund für Hoffnung. Wie sagt es der Volksmund so schön: «Übermut tut selten gut» …
Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen