«E Stüür brucht Gschpüür – susch wird’s tüür» (a. Bundesrätin Widmer-Schlumpf)

Ja: alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat völlig recht: Die Unternehmenssteuerreform III wird teuer, sehr teuer. Drei Milliarden wird sie den Bund kosten, 600 bis 800 Millionen im Kanton Zürich. Alle Weinländer Gemeinden zusammen müssen mit Einnahmenausfällen von rund 4.2 Millionen rechnen, pro Haushalt sind das nicht weniger als 325 Franken pro Jahr. Das sind vorsichtige Schätzungen. Die üble Erfahrung mit der letzten Gewinnsteuersenkung, der USR II, zeigt: die wahren Kosten dürften tatsächlich viel höher liegen.

Alle Weinländer Gemeinden werden entweder die Steuern massiv erhöhen müssen – im schlimmsten Fall um 10% (Truttikon) im Durchschnitt um 6.5%. Alternativ müsste bei den Leistungen gekürzt werden: In Feuerthalen etwa um 480’000 Franken, in Rheinau um 200’000, in Andelfingen um 290’000. Schmerzliche Kürzungen bei Schulen und Altersheimen oder bei den Investitionen wären dann die Folge.

Damit wir uns recht verstehen: Eine Steuerreform ist nötig und dringend. Die unsäglichen Steuergeschenke für privilegierte internationale Unternehmen müssen abgeschafft werden. Der Bundesrat hat unter der Federführung von Finanzminister Ueli Maurer eine ausgewogene Lösung präsentiert, die mit vertretbaren Kosten rasch realisiert werden kann. Das Mogelpaket mit komplizierten neuen Steuerschlupflöchern, das uns National- und Ständerat präsentieren, muss dafür aber zuerst einmal weg vom Tisch. Die Schweiz hat schon heute sehr tiefe Gewinnsteuern, attraktiv ist sie aber vor allem wegen ihrer hervorragenden Infrastruktur und ihrem leistungsfähigen Bildungswesen. Das kostet. Auch die Unternehmen – und zwar alle – sollen dafür bezahlen.

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP Fraktionspräsident, Feuerthalen


Die Krankenkassen-Prämienverbilligungs-Sparvorlage – ein veritabler Hürdenlauf

Der Kantonsrat hat gestern während fast drei Stunden über die Kürzung der Individuellen Krankenkassenprämienverbilligung (IPV) diskutiert. Die Regierung beantragte, im Rahmen des Sparpakets 2016 die Prämienverbilligung um 40 Millionen zu kürzen und zwar zu Lasten der Jugendlichen in Ausbildung aus Mittelschichtfamilien. Die Sternzeichen waren alles andere als günstig für dieses Geschäft. Es begann schon bei der Traktandenliste: Ein Antrag, die Beratung der IPV-Vorlage auf eine der nächsten Sitzungen zu verschieben, wurde ganz knapp abgelehnt – eine Zufallsentscheidung, weil es eine ganze Reihe von KantonsrätInnen wegen Schnee und andern Unwägbarkeiten nicht rechtzeitig ins Rathaus geschafft hatten.

Mit dem Scheitern der Verschiebung hatte die IPV-Vorlage aber nur gerade die erste Hürde genommen: Die SP-Fraktion verlangte, auf die Sparvorlage gar nicht einzutreten und sie ohne Diskussion zu erledigen. Die ständig steigenden Gesundheitskosten belasteten die Haushaltsbudgets immer stärker. Die Prämien hätte sich in den letzten Jahren fast verdoppelt, die Prämienverbilligungen aber seien gleichgeblieben und drohten nun sogar zu sinken; das aber sei ein klarer Sozialabbau, der nur durch ein grundsätzliches Nein verhindert werden könne.

Nachdem auch der Nichteintretensantrag keine Mehrheit fand, stand eine nächste formale Hürde im Weg: Die im allerletzten Moment eingereichte Forderung der Grünliberalen, die Vorlage an die Regierung zurückzuweisen. Die Grünliberalen beabsichtigten damit, die Sparvorlage und die parallel vorgesehene Totalrevision des Krankenkassen-Einführungsgesetzes in einem gemeinsamen Paket zu verpacken; sie hofften offensichtlich, dass der Mix von Sparen und sinnvollen Reformen dem Volk besser verkauft werden könnte als eine reine Abbauvorlage. Die GLP stellte die kritischen Fraktionschefs vor heikle taktische Alternativen: Ist eine Volksabstimmung eher zu gewinnen, wenn auf dem Buckel von Jugendlichen in Ausbildung rund 40 Millionen pro Jahr eingespart werden sollen oder eher, wenn das gleiche Ziel im Rahmen einer Gesamtreform der Prämienverbilligung vorgelegt würde. Auch hier entschied die Ratsmehrheit sich für den Antrag der Regierung.

Erst jetzt konnte die Gesetzesänderung auch tatsächlich inhaltlich diskutiert werden. Die meisten Gesundheitsspezialisten hatte da ihr rhetorisches Pulver aber bereits verschossen. Ein einziger Minderheitsantrag gab noch zu reden. Die Einsparungen bei den Jugendlichen sollten nicht zu einem Abbau der Gesamtsumme führen, die für die Prämienverbilligung insgesamt zur Verfügung stehen soll, sondern vielmehr für die wirtschaftlich schwachen Haushalte verwendet werden. Auch dieser (CVP-) Antrag blieb chancenlos. Kurz vor Sitzungsschluss war damit die erste Lesung der IPV-Sparvorlage beendet; sie wird nun noch von der Redaktionskommission überprüft und in rund vier Wochen dem Kantonsrat in zweiter Lesung unterbreitet. Mal schauen, welche zusätzlichen Hürden dann noch auf sie warten …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Fraktionschef SP, Feuerthalen