Die Krux mit den Wahlplakaten – Anstand im Wahlkampf

SP-Forum Andelfinger Zeitung, Ausgabe Freitag, 28.07.2023

Anfang dieses Jahres wurde im Kanton Zürich die Regierung und der Kantonsrat neu gewählt. Kurz darauf fand im Weinland der Wahlkampf um die Ersatzwahl fürs Bezirksgericht in Andelfingen statt.

Wahlkampf in den ländlichen Regionen heisst, nebst der Durchführung von politischen Anlässen wie Podiumsdiskussionen zu aktuellen Abstimmungen und einer überparteilichen Wahlveranstaltung, vor allem Plakate aufstellen. Im Unterschied zu städtischen Parteien, welche Platz auf offiziellen Plakatstellen für ihre Werbung mieten, müssen alle Parteien im Wahlbezirk Andelfingen versuchen, selbst so viele Plakate wie möglich aufzustellen. Wer gute Verbindungen zu den Landwirt:innen hat, ist im Vorteil und bekommt Platz auf deren Feldern. Alle anderen sind darauf angewiesen, auf öffentlichem Grund zu plakatieren. Die meisten Gemeinden «dulden» während dieser Zeit den «Plakatwald». Das Aufstellen solcher Werbeplakate ist Teil einer gelebten Demokratie.

So sind wir letzten Winter in verschiedenen Teams losgezogen und haben mit einem Vorschlaghammer, Schraubenzieher und Kabelbinder bewaffnet unsere SP-Plakate in den Boden gehämmert. Froh darüber, dass der Boden nicht mehr gefroren war. Und so sieht man dann ganz unterschiedliche Konstruktionen – von teuren professionellen Plakatständern bis hin zu eher einfacheren Konstruktionen mit Holzpflöcken aus der regionalen Landi – je nach Wahlkampfbudget.

Nach einem internen Lageplan, wo das Aufstellen der Werbung geduldet wird, schaut man, wo schon die Konkurrenz steht, und stellt daneben ein eigenes auf. Dies ist auch der Grund, warum es oftmals zu einem ganzen Rudel von Plakaten kommt. Selbstverständlich verstellt man sich nicht gegenseitig die Aushänge und lässt einen Anstandsabstand dazwischen. Der grösste Feind war bis jetzt der Wind, welcher nicht ganz so gut verankerte Ständer umwindete oder Transparente losriss. Die Gesichter auf den Plakaten werden ab und zu mit Brillen, Schnäuzen, Bärten und Joints «verschönert», was mit Humor zu nehmen ist. Im Kantonsrats- Wahlkampf haben wir uns unter den Parteien sogar gegenseitig informiert, wenn ein Plakat umgefallen war. Schliesslich sitzen trotz politischer Gegnerschaft alle im selben Boot. Man trifft sich durchaus beim Aufstellen der Plakate und hält dann auch mal ein Schwätzchen.

Ganz anders war es leider beim Wahlkampf fürs Bezirksgericht. Vor allem in Andelfingen wurden die Plakate von Priska Lötscher an fast allen Orten entfernt oder umgeschlagen, teilweise so, dass der Plakatständer verbogen wurde. Und dies nicht einmal, sondern immer wieder. Kaum aufgestellt, waren die Plakate keine 24 Stunden später wieder umgehauen. Zum Schluss riss jemand sogar das Plakat vom Garagentor auf meinem Privatgrundstück ab.

Wahlkampf gehört wie gesagt zur gelebten Demokratie. Anstand im Wahlkampf hat das Weinland bis jetzt ausgezeichnet. Halten wir es weiter so.

Sibylle Jüttner, Kantonsrätin SP, Andelfingen