Auf einer Ferienreise im britischen Wales besichtigten mein Partner und ich das stillgelegte Kohlebergwerk «Big Pit» (grosse Grube). In einem ruckelnden Aufzug fuhren wir 90 Meter unter Tage. Die Führerin, deren Vorfahren hier noch selbst geschuftet hatten, ging mit unserer Gruppe durch ein weitverzweigtes Tunnelsystem und erzählte lebhaft von der Geschichte rund um den industriellen Kohleabbau in Grossbritannien. Vor dem Ersten Weltkrieg arbeiteten eine Million Menschen in den Kohlebergwerken, die Jahresproduktion lag bei fast 300 Millionen Tonnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Industrie verstaatlicht, was ihren beinahe vollständigen Niedergang in den folgenden Jahrzehnten jedoch nicht aufhalten konnte.
Am Schlimmsten war, unter welchen Bedingungen die Menschen hier arbeiten mussten. Ohne Tageslicht, in 12-Stunden-Schichten, stets der Explosionsgefahr ausgesetzt. Löhne und Ernährung waren schlecht. Die Familien konnten nur überleben, wenn sie möglichst viele Personen in den Arbeitsprozess einspeisten. Sobald Kinder «alt genug» waren, oft schon ab fünf Jahren, begannen sie ihre Berufsarbeit unter Tage, wo sie wegen ihrer Kleinheit die Förderwagen noch aus den hintersten Stollen herausziehen konnten. Arbeitsunfälle waren an der Tagesordnung. Zahllose Männer, Frauen und Kinder starben in den Minen.
Der eindrückliche Tag in der alten Zeche führte bei uns umgehend zur Frage, wer für diese katastrophalen Verhältnisse verantwortlich war. Auch zur Frage, wo wir heute damit stehen, überall auf der Welt. Und was das Ganze mit uns in der Schweiz zu tun hat. Mit diesem Thema befasst sich die «Konzernverantwortungs-Initiative», die voraussichtlich im Februar 2020 zur Abstimmung kommt. Was will sie? Kurz gesagt: Konzerne sollen für skrupellose Geschäfte Verantwortung übernehmen.
Welche Geschäfte? Glencore vergiftet Flüsse in Kolumbien. Syngenta verkauft tödliche Pestizide in Indien, die bei uns schon lange verboten sind. Immer wieder verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz die Menschenrechte und missachten minimale Umweltvorschriften. Die Initiative fordert eine Selbstverständlichkeit: Wenn Konzerne das Trinkwasser verseuchen oder ganze Landstriche zerstören, sollen sie dafür geradestehen.
Wo steht die politische Diskussion? In seiner Botschaft führt der Bundesrat zwar aus, dass er von den Unternehmen Sorgfaltsprüfungen erwarte. Trotzdem lehnt er die Initiative ab, weil er nicht bereit ist, dafür auch verbindliche Massnahmen zu ergreifen. Die öffentliche Diskussion wird noch kommen. Wir von der SP werden uns dafür einsetzen, dass die Pro-Argumente gehört werden.
(Quelle: konzern-initiative.ch)
Käthi Furrer, Dachsen, Co-Präsidentin SP Weinland
Forum Andelfinger Zeitung, Ausgabe vom Dienstag, 06.08.19