SP Weinland: Parole zur KSW AG

Das Kantonsspital Winterthur (KSW) ist heute ein höchst erfolgreiches Spital, das für rund 250’000 Menschen im Norden des Kantons die medizinische Grundversorgung garantiert. Es erbringt qualitativ hochstehende Leistungen und wirft dabei sogar ganz anständig Gewinn ab. Nach dem Willen der Regierung und der bürgerlichen Parteien soll das KSW nun privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Als AG wird das KSW primär auf Gewinn getrimmt werden; nach nur fünf Jahren sollen die Aktien frei an Privatinvestoren verkauft werden können; nahöstliche Staatsfonds und internationale Spitalkonzerne wie die Hirslandengruppe in südafrikanischem Besitz stehen Gewehr bei Fuss; sie werden alles daran setzen, in Winterthur nur noch rentable Behandlungen durchzuführen und weniger lukrative Bereiche wie die Geburtshilfe oder die Altersmedizin abzustossen. Die Erfahrungen mit Privatspitälern zeigen zudem schon heute, dass allgemein versicherte Patienten damit rechnen müssen gegenüber Zusatzversicherten benachteiligt zu werden, weil nur mit Privatpatienten wirklich Gewinne erzielt werden können.

Nichts spricht dagegen, den Spitälern etwas mehr Spielraum zuzugestehen. Eine KSW-AG im Mehrheitsbesitz des Kantons wäre eine durchaus akzeptable Lösung. Nicht in Frage kommt aber, ein für die Grundversorgung so wichtiges Spital vollständig aus der demokratischen Kontrolle zu entlassen und an einseitig proftiorientierte Privatinvestoren zu verkaufen. Das KSW gehört heute dem Zürcher Volk; ein Nein am 21. Mai sorgt dafür, dass das auch so bleibt.

Markus Späth, Kantonsrat, Fraktionspräsident SP, Feuerthalen

Zu weit gegangen: KSW-Direktor soll zurücktreten

Kolumne zur Kantonsratssitzung vom 24. April 2017

Kaum grosse Wellen warfen die Einzelinitiativen, über die der Kantonsrat gestern – zum letzten Mal unter dem Vorsitz von Präsident Rolf Steiner (SP) – beriet: Nur eine einzige erhielt mehr als die 60 Stimmen, die es braucht, damit eine politische Idee eines einzelnen Stimmberechtigten im Kantonsrat aufgegriffen und weiter beraten wird: 74 Kantonsräte unterstützten den Vorschlag von Othmar Hasler aus Sternenberg, der verlangt, bei öffentlichen Bauaufträgen so viel Holz wie möglich aus Zürcher Wäldern zu verwenden.

Höhere Wellen warf die gemeinsame Fraktionserklärung der Alternativen Liste, der Grünen und der SP gegen den Direktor des Kantonsspitals Winterthur (KSW), Rolf Zehnder: Zehnder hat sich in den letzten Tagen völlig einseitig in den Abstimmungskampf um die Privatisierung des KSW eingemischt. In einem Interview mit der NZZ verhöhnte er letzte Woche den Kantonsrat und die demokratischen Regeln in unserm Kanton. Er legte ganz offen dar, wie das KSW die Mitsprache des Kantonsrats seit Jahren ausheble, und wichtige Investitionen durch geschickte Manipulationen auch ohne Zustimmung des Parlaments vorgenommen habe. Diese offen eingestandenen Umgehungsgeschäfte wurden von der unabhängigen Finanzkontrolle des Kantons sofort und harsch kritisiert; selbst Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger kam daraufhin nicht um eine Rüge herum. Zehnder ist aber offensichtlich unbelehrbar: In der gestrigen Ausgabe des Tagesanzeigers doppelte er nach und klagte in lauten Tönen, wie hinderlich die Demokratie im Allgemeinen und der Kantonsrat im Speziellen für die Führung des Spitals seien.

Tatsache ist: Der Kantonsrat hat noch nie ein Anliegen des KSW nicht bewilligt; das KSW schreibt Gewinn, investiert wie wild, beteiligt sich an andern Gesundheitseinrichtungen und ist unternehmerisch ausgezeichnet aufgestellt. Die Aussagen des Winterthurer Spitaldirektors sind schlicht skandalös. Er beisst die Hand, die ihn füttert: Das KSW gehört der Zürcher Bevölkerung; 55% der Fallpauschalen, über die das Spital finanziert wird, bezieht Zehnder von den Steuerzahlern. Dass er die demokratisch gewählten Behörden, die für den sorgfältigen und effizienten Einsatz der öffentlichen Mittel verantwortlich sind, heute einfach umgeht und morgen mit der Privatisierung ganz ausschalten möchte, ist unerträglich. Zu dieser Missachtung von Gesetz und Verfassung passt, dass sich das KSW auch mit Steuergeldern in die Abstimmungskampagne einmischt.

Dabei dürfen wir eines nicht vergessen: Der Winterthurer Spitaldirektor politisiert auch im eigenen Interesse. Wir wissen von vielen andern Privatisierungsvorlagen eines ganz sicher: Die von den «staatlichen Fesseln» befreite Verwaltungsrat wird als erstes seine eigenen Bezüge und die Boni der Führungsetage nach oben anpassen. Wir unterstellen dem umtriebigen Spitaldirektor nicht, dass sein Engagement vor allem durch sein eigenes Interesse motiviert ist – er wird aber völlig zu Recht davon ausgehen dürfen, dass ihm die Privatisierung auch persönlich nicht schaden wird …

Mit seinem Verhalten hat sich Rolf Zehnder unmöglich gemacht: Die Fraktionen der AL, der Grünen und der SP fordern den Spitalrat auf, ihn per sofort freizustellen und zu entlassen. 

Markus Späth, Kantonsrat, Fraktionspräsident SP, Feuerthalen

Enttarnte bürgerliche Sparpolitik

Der Kanton Zürich steckt bekanntlich mitten in einer gröberen Sparrunde. Auslöser ist der mittelfristige Haushaltsausgleich. Er verlangt, dass über acht Jahr hinweg der Saldo der Erfolgsrechnungen ausgeglichen sein muss; massgeblich sind jeweils die letzten drei Rechnungsjahre, das laufende Jahr und die folgenden vier Planjahre. Für die Jahre 2013 bis 2020 hat die Regierung 2016 einen Fehlbetrag von 1.8 Mia berechnet und ein hartes Abbau- und Sanierungspaket vorgelegt.

Der Haushaltsausgleich ist eine klassisch bürgerliche Fehlkonstruktion. Dass auch beim Staat Einnahmen und Ausgaben über eine längere Periode hinweg im Lot sein sollten, ist zwar durchaus richtig; weil aber nicht weniger als fünf zukünftige Jahre mitgerechnet werden, ergibt sich eine systematische Verfälschung: Praktisch ausnahmslos sind die Prognosen nämlich viel zu pessimistisch – die Einnahmen werden regelmässig zu tief, die Ausgaben Jahr für Jahr zu hoch angenommen. Der vor kurzem publizierte Abschluss für das Jahr 2016 belegt es augenfällig: Statt mit 69 Millionen Defizit schliesst die Zürcher Staatsrechnung mit nicht weniger als 390 Millionen im Plus ab. Die Differenz zwischen Budget und Rechnung entlastet den mittelfristigen Haushaltsanteil um mehr als 450 Millionen – unsere grundsätzliche Kritik am Sparpaket war und ist mehr als gerechtfertigt.

Das Abbauprogramm Lü16 der Zürcher Regierung sieht neben rund 80 einzelnen Sparmassnahmen auch einige wenige Mehreinnahmen vor. Den Sparmassnahmen im Bildungs- und Gesundheitsbereich und beim öffentlichen Verkehr haben die vereinigten bürgerlichen Mehrheitsparteien bisher mit fast schon sadistischer Begeisterung zugestimmt. 

Bei den Mehreinnahmen werden jetzt plötzlich ganz andere Töne angeschlagen. Die Regierung möchte die Pendlerabzüge bei 3000 Franken begrenzen und so für Kanton und Gemeinden jährlich fast 100 Millionen höhere Steuererträge generieren. Der Aufschrei der Autolobby im Rat, an vorderster Front die vereinigte SVP-Fraktion, war ohrenbetäubend. Eine Mehrheit für die Erhöhung der Abzugsgrenze auf 5000 Franken kam aber erst durch einen üblen Deal mit der FDP zustande: Die Freisinnigen haben sich den Kampf gegen die «Lex Hirslanden» auf die Fahne geschrieben; sie will Privatspitäler mit einer Abgabe auf ihren hohen Gewinnen zu belasten, so lange sie praktisch nur privat versicherte Patienten behandeln. Der bürgerliche Handel, sieht nun vor, die Spitalabgabe zu versenken und den Pendlerabzug zu erhöhen. Beides zusammen wird Kanton und Gemeinden pro Jahr rund 100 Millionen kosten. 

Merke: Wenn es um die Interessen der eigenen Klientel – die AutopendlerInnen und SteueroptimiererInnen oder die Gewinne der Privatspitäler und hohen Chefarzthonorare –  geht, spielt die Sanierung der Staatsfinanzen ganz plötzlich keine Rolle mehr. Bürgerliche Sparpolitik hat meist nur vordergründig die Sanierung der Staatsfinanzen zum Ziel; der eigentliche Zweck aber ist praktisch immer die Umverteilung von unten nach oben.

Markus Späth, Zürcher Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen