Ja zu ausgewogenen, effizienten und fairen Asylverfahren 2

Zur Abstimmung über das Asylreferendum

Unerträglich lange werden heute AsylbewerberInnen in der Schweiz im Ungewissen gelassen. Es dauert drei bis fünf Jahre, bis über ein Asylgesuch endgültig entschieden ist. In dieser Zeit vegetieren die Flüchtlinge ohne Tagesstruktur, ohne ernsthafte Integrationschancen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Das ist unwürdig und unsinnig.

Die Aylgesetzrevision will hier Abhilfe schaffen. Die Verfahren werden massiv beschleunigt. Innert drei Monaten soll künftig im Regelfall entschieden werden; selbst komplizierte Verfahren werden künftig nicht mehr als ein halbes Jahr beanspruchen. Die AsylbewerberInnen werden während des laufenden Verfahrens in den neuen Bundeszentren untergebracht und nicht auf die Kantone verteilt. Sie können dort besser betreut und unterrichtet werden und stehen für alle nötigen Abklärungen direkt zur Verfügung. Die Rekursfristen werden deutlich verkürzt. Damit diese Massnahme nicht die Rechtssicherheit der Betroffenen gefährdet, wurde im Gesetz zwingend Beratung und ein Rechtbeistand verankert. 

Rasche Verfahren, Integration von Anfang an und Arbeit für möglichst viele anerkannte Flüchtlinge und vorsorglich Aufgenommene sind echte Problemlösungen. Abschottung, Soldaten an der Grenze und Stacheldraht gaukeln dagegen Sicherheit nur vor – sie helfen niemandem. Die menschliche und rechtliche Verpflichtung, an Leib und Leben bedrohten Flüchtlingen Asyl zu geben, ist für uns nicht verhandelbar. Dafür müssen sie aber zuerst einmal in der Schweiz ein Asylgesuch stellen dürfen. 

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Sozialreferent Feuerthalen

Vom Wägen wird die Sau nicht fett …

Johann Schneider-Ammann fordert in der letzten NZZ am Sonntag eine «verschärfte Matur»: «Lieber weniger, dafür bessere Maturanden» lässt er sich zitieren und erntet breite Zustimmung. Im Kanton Zürich hat die Politik seit Jahren das Aufnahmeverfahren in die Gymnasien im Visier: Umstritten ist der Anteil der SchülerInnen im Kurz- und Langgymnasium, die Ausgestaltung von Aufnahmeprüfung und Probezeit und die riesigen Unterschiede in der Vorbereitung der Kinder auf den Übertritt. Die politische Diskussion fokussiert damit auf die Frage der Quantität und geht unhinterfragt davon aus, dass eine verschärfte Selektion automatisch auch die Qualität erhöhen würde.

Über die «richtige» Maturquote lässt sich episch streiten. Tatsache ist, dass sie von Kanton zu Kanton und von Region zu Region enorm unterschiedlich ist. Spitzenreiter sind Genf und das Tessin mit fast 30%; Schlusslichter sind St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen (mit 15%). Auch in Schaffhausen gibt es aber Gemeinden mit fast 30% Maturanden pro Jahrgang, in Zürich erreichen die hoch geförderten Kids im Fettgürtel rechts des Sees sogar fast 40%.

Ich unterrichte seit 40 Jahren an Kantonsschulen. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert. Nicht verändert hat sich über alle Jahre hinweg im Lehrerkollegium die Einschätzung der «richtigen» Schülerzahl: Nach dem Grundsatz «Macht des Faktischen» betrachtet die grosse Mehrheit immer das gerade an der eigenen Schule erreichte Mass als grundsätzlich richtig, nicht aber ohne hinzuzufügen, selbstverständlich gebe es in jedem Jahrgang eine ganze Reihe von SchülerInnen, die das hehre Ziel der Studierfähigkeit nicht oder zumindest nicht vollständig erreiche …

Fruchtbarer, als über Quoten zu streiten, scheint mir deshalb, die Frage der Studierfähigkeit inhaltlich-qualitativ anzugehen. Die ETH und die Universität Zürich nehmen sich auf Initiative der Zürcher Kantonsschulen dieser qualitativen Frage seit rund 10 Jahren an. Dozierende und GymilehrerInnen versuchen im Dialog gemeinsam, die Anforderungen bei Studienbeginn zu analysieren und den Übertritt ins Studium zu optimieren. In die gleiche Kerbe schlägt auch die Studie des Zürcher Bildungsforschers Franz Eberle: Er definierte im Auftrag der Eidgenössischen Erziehungsdirektoren-Konferenz mit empirischen Methoden die grundlegenden Kompetenzen, welche in der Muttersprache und Mathematik für erfolgreiches Studieren fächerübergreifend nötig sind. 

Diese Ansätze sind erfolgversprechend: Sie dienen den SchülerInnen und den LehrerInnen als Orientierungshilfe. Die Schulen sind nun aufgefordert, mit geeigneten Mitteln dafür zu sorgen, dass alle ihre Absolventen spätestens bei der Maturität über die nötigen Fähigkeiten für erfolgreiches Studieren verfügen. Es ist dies ein pädagogisch anspruchsvoller Ansatz; er setzt einen stärker individualisierenden Unterricht und genügend Ressourcen voraus. In Zeiten von Staatsabbau und Budgetkürzungen sind die Bedingungen dafür alles andere als günstig. Maturklassen mit mehr als 25 SchülerInnen jedenfalls sind dafür nicht geeignet. 

Da ist es dann halt einfacher, mit Schneider-Ammann nach schärferer Selektion zu schreien. Dem ist die alte Erkenntnis entgegenzuhalten: Vom Wägen wird die Sau nicht fett …

Markus Späth-Walter, Geschichtslehrer, Zürcher Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen

Ja zu ausgewogenen, effizienten und fairen Asylverfahren

Zur Abstimmung über das Asylreferendum

Unerträglich lange werden heute AsylbewerberInnen in der Schweiz im Ungewissen gelassen. Es dauert drei bis fünf Jahre, bis endlich entschieden ist, ob sie als anerkannte Flüchtlinge in der Schweiz bleiben, ab- und ausgewiesen oder vorläufig aufgenommen werden. Arbeitsplätze für AsylbewerberInnen gibt es praktisch keine. Sie werden während der Wartezeit auf die Gemeinden verteilt und gezwungen, auf Kosten der Steuerzahlenden zu leben; viele vegetieren oft einfach dahin – ohne Tagesstruktur, ohne ernsthafte Integrationschancen und Beschäftigungsmöglichkeiten, nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht dürfen oder nicht können.

Die Aylgesetzrevision, über die wir im Juni abstimmen, will hier Abhilfe schaffen. Die Verfahren werden massiv beschleunigt. Innert drei Monaten soll künftig im Regelfall entschieden werden; selbst komplizierte Verfahren, die zusätzliche Abklärungen nötig machen, werden künftig nicht mehr als ein halbes Jahr beanspruchen. Die AsylbewerberInnen werden während des laufenden Verfahrens in den neuen Bundeszentren untergebracht und nicht auf die Kantone verteilt. Sie können dort besser betreut und unterrichtet werden und stehen für alle nötigen Abklärungen direkt zur Verfügung.

Der Testbetrieb hat in den letzten Monaten gezeigt, dass diese Vorgaben durchaus realistisch sind. Möglich sind sie unter anderem auch, weil die Rekursfristen verkürzt werden. Damit diese Massnahme nicht die rechtsstaatlichen Sicherheiten der Betroffenen gefährden, hat die SP im Parlament erreicht, dass im Gesetz zwingend Beratung und ein Rechtbeistand verankert werden. Dies hat im Praxisversuch dazu geführt, dass die Zahl der Rekurs deutlich zurückgegangen ist.

Gegen dieses vernünftige, ausgewogene und erprobte Revisionspaket hat die SVP das Referendum ergriffen – ausgerechnet die Partei, die mit ihrem abgewählten Justizminister hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass die Kapazitäten im Asylwesen abgebaut und die Verfahrensdauer immer länger wurden; die Partei, die mit dem Argument, die Schweiz müsse für Flüchtlinge unattraktiv gemacht werden, ein weitgehendes Arbeitsverbot durchgesetzt hat. Mit dem Referendum bekämpft die SVP vor allem den Rechtsbeistand, der allen Betroffenen im Asylverfahren von Amtes wegen zugestanden werde soll.

Es bestätigt sich einmal mehr die alte Erkenntnis: Zuerst schafft die SVP die Probleme, um sie dann während Jahren mit billiger Polemik, Panikmache und fremdenfeindlichen Parolen bewirtschaften zu können. Rechtstaatliche Garantien, faire Verfahren für alle, überhaupt die Menschenrechte sollen offenbar nur für Einheimische gelten; Menschen ohne Schweizer Pass sind Bürger zweiter Klasse und höchstens auf Zusehen hin geduldet. Das ist nicht neu, aber besonders verwerflich, weil heute Tausende von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien und aus dem Irak, aber auch aus Afghanistan mit hoher Anerkennungschance völlig unnötig auf die Folter gespannt werden. 

Rasche Verfahren, Integration von Anfang an und Arbeitsbewilligungen für möglichst viele anerkannte Flüchtlinge und vorsorglich Aufgenommene sind echte Problemlösungen. Abschottung, Soldaten an der Grenze und Stacheldraht gaukeln dagegen Sicherheit nur vor – sie helfen niemandem – ausser den Rechtspopulisten …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Sozialreferent Feuerthalen

Dem Rheinfall-Tourismus einen schlechten Dienst erwiesen

Ein Knüller war die gestrige Kantonsratssitzung nicht. Unbestrittene Gesetzesanpassungen passierten mit grossen Mehrheiten. Daneben wurden eine ganze Reihe von Interpellationen behandelt: Dabei nehmen die Fragesteller jeweils kurz Stellung zur regierungsrätlichen Antwort auf ihre mehr oder weniger sinnigen Fragen und die Sprecher der Fraktionen lassen es sich nicht nehmen, diese ebenfalls zu kommentieren.

Aus Weinländer Sicht dürfte das Postulat «Rheinfall – wer A sagt muss auch B sagen», das als erstes Traktandum auf dem Programm stand, wohl am meisten interessieren. Ich habe es zusammen mit Martin Farner (FDP) und weitern Mitunterzeichnern (GLP und Grüne) im Dezember 2015 eingereicht. Wir wollen damit der Regierung Beine machen und die notwendigen Folgeinvestitionen in die Küchen- und Restaurationsinfrastruktur im Schloss Laufen, in die Zugänglichkeit von der Haltestelle Laufen zum neuen Liftturm und die Erweiterung des Ticketsystems beschleunigen. In Zukunft soll man auf beiden Seiten des Rheins das gesamte touristische Angebot am Rheinfall, vor allem auch die Schifffahrten, aus einer Hand buchen können. Auch das Marketing sollte kantonsübergreifend eng mit Schaffhausen koordiniert werden. Gleichzeitig verlangt das Postulat auch die Einführung eines gebührenpflichtigen Parkplatzregimes, um in der schwierigen Finanzsituation des Kantons die grossen Investitionen langfristig refinanzieren zu können. 

Damit Postulate an die Regierung überwiesen werden, muss der Kantonsrat ihnen mehrheitlich zustimmen. Das passiert oft stillschweigend, wenn niemand aus dem Rat opponiert. Ein einzelnes Ratsmitglied kann aber Ablehnung beantragen; das bedeutet, dass der Vorstoss auf der Traktandenliste bleibt und viel später – meist erst nach vielen Monaten – über sein Schicksal im Plenum entschieden wird. Zu meinem Bedauern war es ausgerechnet ein Weinländer Kollege, der sich gegen den Vorstoss stark machte. Konrad Langhart sorgte mit seinem Antrag dafür, dass das Rheinfall-Postulat nun auf die lange Bank geschoben wird. Eine Mehrheit ist dem Vorstoss zwar sicher, weil SP, FDP, GLP und Gründe über eine klare Mehrheit verfügen, behandelt werden dürfte es nun aber wohl erst im nächsten Jahr.

Im vertraulichen Gespräch erklärte Langhart, dass er zwar durchaus auch Handlungsbedarf am Rheinfall erkenne, die Abschaffung des Gratisparkierens für ihn aber überhaupt nicht in Frage komme. Dass er sich im heftigen Wahlkampf um das kantonalzürcherische SVP-Parteipräsidium als besonders strammer und autofreundlicher Volkspartei-Politiker profilieren muss (und will), hat er zwar nicht gesagt; das versteht sich aber von selbst …

Sei’s drum: In der Politik ist langer Atem und Geduld gefragt. Der Rheinfall wird’s überleben. Der gezielten und koordinierten Förderung des Tourismus im Weinland aber wurde ein schlechter Dienst erwiesen.

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP-Fraktionspräsident, Feuerthalen


Zum Glück gibt’s Volksinitiativen!

Sehr ungnädig hat der Kantonsrat an seiner letzten Sitzung die Kinderbetreuungsinitiative und das Musikschulgesetz aufgenommen. Die Volksinitiative für einen aus Arbeitgeberbeiträgen geäufneten Fonds für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde mit 119 zu 52 abgelehnt. Beim neuen Musikschulgesetz verweigerte die bürgerliche Ratsseite sogar das «Eintreten»: Das Gesetz wurde ohne Detailberatung schlicht und einfach versenkt.

Die Regierung hatte dem Rat aus Rücksicht auf die von allem Anfang an skeptischen bürgerlichen Fraktionen bewusst ein sehr schlankes Gesetz vorgelegt. Es sollte im Wesentlichen die bisherigen Musikschulstrukturen absichern. An der Finanzierung – der Kanton bezahlt fast gar nichts, die Eltern und die Gemeinden fast alles –hätte sich praktisch nichts geändert. Dieser magersüchtige Entwurf ging der Ratsmehrheit aber bereits zu weit. SVP, GLP, CVP, BDP waren unisono der Meinung, wenn der Kanton schon nicht mehr bezahlen wolle (und könne), soll er den Gemeinden gefälligst auch nicht mit einem neuen Gesetz im Musikschul-Gärtli herumtrampeln. 

Eine futuristisches Sonderzügli setzte die FDP in Bewegung: Statt sich an den Kosten der Musikschulen zu beteiligen, solle der Kanton jedem Kind einen Gutschein für Musikunterricht ausstellen. Den hätte man dann auf dem freien Markt bei irgendeiner Musiklehrerin einlösen können. So richtig an die eigene, eigentlich recht kreative Idee glauben mochte die FDP dann aber doch nicht. Sie stimmte nämlich unsinnigerweise mit den anderen bürgerlichen Parteien für Nichteintreten und verhinderte damit eine Diskussion über ihr Bildungsgutschein-Projekt.

So fand das Gesetz zur grossen Enttäuschung der zahlreichen MusikerInnen auf der Tribüne nur gerade die Unterstützung der SP, der Grünen, der AL und der EVP. Ernsthaft traurig waren aber auch die Verlierer nicht: Dass das minimalistische Gesetz bei den bürgerlichen Fraktionen keine Gnade fand, ist mehr Chance als Verlust: Es öffnet nun den Weg für eine Volksinitiative, den die Musikschulen und die Organisationen der Musiklehrpersonen jetzt wohl (hoffentlich) ergreifen werden. Die Initiative muss keinerlei Rücksicht nehmen auf die sparwütige Kantonsratsmehrheit und kann eine namhafte Beteiligung des Kantons an den Kosten des Musikunterrichts vorschlagen. Sie könnte sich dabei am Anteil des Kantons an den Löhnen der Volksschullehrpersonen orientieren und einen Kantonsanteil von 20% vorschreiben.

Sehr häufig ist das Stimmvolk bei Bildungsfragen viel fortschrittlicher als die ewiggestrige Kantonsratsmehrheit. Den Abstimmungen über die Kinderbetreuungsinitiative – wohl im Herbst 2016 – und einer allfälligen Musikförderungs-Initiative in zwei drei Jahren blicken wir deshalb durchaus frohgemut entgegen …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Fraktionspräsident SP, Feuerthalen

Mit Essen spielt man nicht.

Das weltweite Kasino namens Börse hat in den letzten Jahren den Rohstoffmarkt als Möglichkeit entdeckt, um mittels Spekulation riesige Gewinne zu erzielen. Eine wahre Kapitalflut erhöhte die Nachfrage nach Rohstoffpapieren und die Spekulation trieb die Preise in die Höhe. Das wiederum löste in einigen Ländern Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln bis zu 100% aus. Hier leben Menschen, die rund drei Viertel ihres Einkommens für die Ernährung aufwenden müssen – bei uns sind es 10 bis 20%. Verständlich, dass diese Menschen mit verzweifelten Protesten reagierten.

Termingeschäfte und eine beschränkte Spekulation sind für Produzenten und Händler sinnvoll. Bei Warentermingeschäften wird der Preis für eine bestimmte Menge bereits lange vor der Ernte festgelegt, und der Händler verpflichtet sich, die Ware nach der Ernte zum festgesetzten Preis zu übernehmen. Dies schafft Sicherheit für die Produzenten, die sich so gegen schlechte Ernten absichern können. Mit diesen Papieren wird gehandelt, also spekuliert, und das wird auch nach Annahme der Initiative weiter möglich sein. Aber Preiswetten auf gar nicht existierende Mengen von Nahrungsmitteln heizen den Markt an und generieren Preissteigerungen. Diese spekulativen Blasen mit mehrfachen Mengen des real existierenden Rohstoffes sind schädlich und unethisch!

Ein Ja zur Spekulationsstopp-Initiative ermöglicht uns, ein klein wenig zu mehr Gerechtigkeit beizutragen. Eine gesetzliche Regelung ermöglicht stabile Preise und beschneidet die Gewinne der Superreichen.

Jürg Keller, SP Weinland

JA zur Bildungsinitiative

Bildung ist der Rohstoff der Schweiz. Unser breiter Wohlstand basiert ganz entscheidend darauf, dass die grosse Mehrheit von uns dank einer soliden schulischen Erziehung sehr gute berufliche Möglichkeiten hat. 

Für die meisten von uns ist Bildung zur Selbstverständlichkeit geworden. Dennoch gibt es auch in der Schweiz Eltern, die ihren Kindern aus finanziellen Gründen keine angemessene Ausbildung ermöglichen können. Junge Menschen müssen beispielsweise auf ein Studium verzichten, weil es sich weder ihre Eltern leisten können noch sie selbst – beispielsweise durch Nebenjobs. Das Stipendienwesen im Kanton Zürich ist nicht so stark ausgebaut, dass in allen diesen Fällen der Staat ausreichend einspringen kann. Weil Bildung aber keine Frage des Portemonnaies sein darf, verlangt die Bildungsinitiative kostenlose Bildung für alle, damit die verschiedenen Bildungswege allen Menschen gleichermassen zugänglich sind.

Schliesslich profitieren wir alle von einer starken öffentlichen Bildung und einer gebildeten Gesellschaft. Für unsere Demokratie ist es essentiell, dass alle mündigen Menschen mitbestimmen dürfen. Eine solide Allgemeinbildung gibt uns dafür nötige Rüstzeug. Der Kanton Zürich kann und soll mit der Bildungsinitiative eine Vorbildfunktion einnehmen.

Am 28. Februar entscheide ich mich für Chancengleichheit und einen starken Kanton Zürich. Weil Bildung das höchste Gut ist, legen auch Sie ein JA zur Bildungsinitiative ein!

Dominique Späth, SP Weinland

Nein zur Durchsetzungsinitiative!

Das Parlament hat die Ausschaffungsinitiative bereits umgesetzt. Trotzdem gibt die „Durchsetzungsinitiative“ der SVP vor, den Volkswillen der Ausschaffungsinitiative durchsetzen zu wollen. Doch in Tat und Wahrheit ist die Durchsetzungsinitiative, über die wir am 28. Februar abstimmen, noch extremer. Sie schwächt den Rechtsstaat und die Gewaltenteilung und zielt auf eine Kündigung der europäischen Menschenrechtskonvention ab. Das darf nicht sein!

Personen ohne Schweizer Pass sollen selbst bei kleinen Delikten automatisch ausgeschafft werden. Auch Secondos, hier geboren und aufgewachsen, sind davon betroffen. Sie werden zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Die Umsetzungsinitiative enthält demgegenüber immerhin eine Härtefallklausel. Die Durchsetzungsinitiative verletzt die Grundrechte und das Abkommen über die Personenfreizügigkeit. Der Initiativtext setzt sich gleich selber an die Stelle des Gesetzgebers und nimmt den Gerichten jeden Spielraum. Wird die Initiative angenommen, haben wir einen Systembruch mit unabsehbaren Folgen für die Rechtsordnung und die Rechtssicherheit.

Während die SVP uns versucht einzureden, der Volkswille sei verweigert worden, führt die neue Initiative zu sieben bis zwölfmal mehr Landesverweisungen. Von einer „Durchsetzung“ kann also keine Rede sein. Stattdessen von einer Masslosigkeit. Die SVP verkauft eine massive Verschärfung als Durchsetzung und führt uns damit hinters Licht. Breit definierte leichte Delikte wie der „missbräuchliche Bezug von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe“ sollen zur sofortigen Ausschaffung führen. In der Durchsetzungsinitiative gibt es 35 Delikte, welche einen Landesverweis zur Folge haben, wenn die angeklagte Person in den zehn Jahren zuvor eine beliebige Geld- oder Freiheitsstrafe erhalten hatte. Diese zusätzlich eingeführten Delikte würden jährlich zu mehr als 7700 zusätzlichen Verweisungen führen. Der Name „Durchsetzung“ ist somit schlicht falsch.

Seit dem Ja zur Ausschaffungsinitiative wurde die Praxis bei den Ausschaffungen verschärft. Damit ist das Parlament der Forderung der SVP nachgekommen. Diese hätte, damit noch unzufrieden, das Referendum ergreifen können. Das wären die demokratischen Spielregeln gewesen. Stattdessen macht die SVP auf Zwängerei. Das stört nicht nur die SP, sondern eine breite Allianz aus Parteien von links bis rechts, der Wirtschaft und zahlreichen Hilfswerken. Sie alle wehren sich vehement gegen die Einführung einer Zweiklassenjustiz. Erteilen wir der unmenschlichen Durchsetzungsinitiative, die unserem Land nur schadet, eine Abfuhr!

 Käthi Furrer, Co-Präsidentin SP Weinland

(erschienen im Forum Andelfinger Zeitung, Ausgabe vom Freitag, 19.02.16)

Verspätete Privatisierungswelle im Kantons Zürich – nein danke!

Im Kanton Zürich ist aktuell eine heftige Auseinandersetzung zwischen der Regierung und dem Kantonsrat im Gang – mit offenem Ausgang. Der freisinnige Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger hat sich als Turbo-Liberaler mit Haut und Haar dem Markt- und Konkurrenzprinzip in der Gesundheitspolitik verschrieben. Im Regierungsrat ist es ihm gelungen, eine Mehrheit für eine radikale Auslagerungspolitik zu gewinnen. Die Regierung hat so genannte PCG-Richtlinien (Public Corporate Government) beschlossen, die für alle «Privatisierungen» von bisher öffentlichen Aufgaben und staatlichen Institutionen wegleitend sein sollen. Im Kern stellen sie eine Kampfansage ans Parlament dar: Der Kantonsrat soll bei ausgelagerten Betrieben grundsätzlich gar nichts mehr zu melden haben. Die Verselbstständigung des kantonseigenen Lehrmittelverlags und des Kantonsspitals Winterthur sind im Moment die beiden konkreten Vorlagen, an deren Beispiel die regierungsrätliche Privatisierungspolitik durchgedrückt werden soll. 

Dabei ist die Forderung nach Verselbständigung der Spitäler eine gewollte Folge der neuen Spitalfinanzierung. Die unsäglichen Fallpauschalen sind so berechnet, dass sie auch die Ersatzinvestitionen abdecken. Der Gesundheitsdirektor argumentiert deshalb damit, dass die Spitäler ja das Geld selber «verdienen» würden und die Investitionsentscheidungen deshalb ihnen zu überlassen sei. Die SP war immer gegen die Fallpauschalen. Sie ist auch entschieden gegen die weitgehende Ausschaltung des Parlaments aus der Spitalpolitik. Der Pseudo-Wettbewerb zwischen den Spitälern wird zu Überkapazitäten, unsinniger technologischer Aufrüstung und letztlich einem weiteren massiven Kostenschub im Gesundheitswesen führen.

Wir wehren uns nicht grundsätzlich gegen eine vermehrte Autonomie der Spitäler, etwa im Bereich der Bauinfrastruktur. Wir kämpfen aber entschlossen gegen die systematische Ausschaltung der legislativen Kontrolle über die Gesundheitspolitik. Konkret verlangen wir, dass die Spitäler im (Mehrheits)Besitz der öffentlichen Hand verbleiben müssen; die Wahl des Spitalrates, die Eignerstrategie, die Leistungsvereinbarungen, die Jahresberichte und die Investitionsplanung (nicht die einzelnen Bauprojekte) sollen auch in Zukunft dem Kantonsrat zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Die Spitäler gehören zu den aufwändigsten und teuersten Institutionen des Kantons. Sie kosten uns Milliarden. Sie sind zu wichtig, als dass wir sie verspäteten neoliberalen Ideologen überlassen können.

Auch eine vollständige Auslagerung des Lehrmittelverlags kommt überhaupt nicht in Frage. Lehrmittel prägen die Bildung viel stärker als etwa die Lehrpläne. Es ist für uns undenkbar, das «Kulturgut Schulbuch» aus der demokratischen Kontrolle zu entlassen und allein den Launen des Markts zu überlassen.

Die Chancen stehen recht gut, dass sich in beiden Fällen die Mehrheit des Kantonsrats gegen seine Selbstausschaltung entscheiden wird. Alle Auslagerungen und Privatisierungen setzen Gesetzesänderungen voraus; dafür aber ist noch immer der Kantonsrat zuständig – PCG-Richtlinien hin oder her …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP Fraktionspräsident, Feuerthalen

Von explodierenden Bildungskosten kann keine Rede sein, im Gegenteil …

In der aktuellen Debatte um die Zürcher Staatsfinanzen und die Bildungsausgaben gehen die Sparapostel unisono von unhinterfragten Glaubenssätzen aus: 

  1. Zürich muss sparen, weil nur so der gesetzliche mittelfristige Finanzausgleich erreicht werden kann.
  2. Zürich hat ein Ausgabenproblem.
  3. Gekürzt werden muss vor allem dort, wo die Ausgaben in den nächsten Jahren am stärksten steigen; dazu gehört auch die Bildung. Sie kann, so bedauerlich das auch sein mag, nicht «ausgespart» werden.

Alle drei Prämissen sind falsch – grundfalsch.

Zum mittelfristigen Finanzausgleich fehlen zwar wirklich rund zwei Milliarden. Grund dafür sind aber keineswegs die explodierenden Staatsausgaben. Zürich hat vielmehr ein akutes Einnahmenproblem. Finanzdirektor Ernst Stocker hat es im September 2015 ganz offen dargelegt: Die Steuereinnahmen der natürlichen Personen sinken trotz wachsender Bevölkerung in beunruhigendem Ausmass; der Kanton musste 2014 mit 267 Millionen weniger Einkommens- und Vermögenssteuern auskommen als vier Jahre zuvor. Auch die Einkünfte der juristischen Personen stagnieren – zur Erinnerung: die Grossbanken zahlen seit der Finanzkrise zwar nach wie vor Milliarden-Boni, aber keine Gewinnsteuern mehr. Das ist der Preis für die Steuersenkungen der letzten Jahre, die der Kantonsrat ohne Not beschlossen hat; Zürich steht nämlich im interkantonalen Steuersenkungswettbewerb ausgezeichnet da: bei den Einkommenssteuern an 10., bei den Vermögenssteuern sogar an 6. Stelle der gesamtschweizerischen Rangliste.

Die Bildungsausgaben sind gesunken

Der Anteil der Bildungsausgaben an den Gesamtausgaben des Kantons ist stabil, ja sogar leicht sinkend. Zudem: Die Bildungsausgaben des Kantons sind in den letzten 25 Jahren massiv zurückgegangen– nicht in absoluten Zahlen, wohl aber gemessen am Bruttoinlandprodukt. Das BIP als anerkannter Massstab für den Wohlstand hat sich seit 1992 verdoppelt. Gegenläufig haben sich die Bildungsausgaben entwickelt: Gab der Kanton im Jahre 1992 noch 3.9% des Bruttoinlandproduktes für Bildung aus, waren es 2013 nur noch 3.1%. Der Anteil der Ausgaben für die Mittelschulen sank sogar um rund einen Drittel, von 0.45 auf 0.3% des BIP.* 

Massgeblich dafür verantwortlich ist die Verkürzung der Mittelschuldauer um mehr als ein halbes Jahr – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Zürcher Bildungswesens. Auch die Lehrerlöhne wurden deutlich gesenkt – ein Lehrer, der heute in den Schuldienst eintritt, wird mehrere 100’000 Franken weniger «Lebenslohn» erhalten als seine älteren KollegInnen.

Zürich ist zudem auf dem besten Weg, den Anschluss an die übrige Schweiz zu verlieren: Vor 25 Jahren lag die Maturitätsquote Zürichs noch deutlich über dem schweizerischen Mittel, seit 2000 verharrt sie auf tiefen 19%; 2014 erreichten gesamtschweizerisch 20.2% eines Jahrgangs einen gymnasialen Maturitätsabschluss, in Zürich nur gerade 18.7%. Zürich betreibt eine Politik des versteckten Numerus Clausus an den Gymnasien und importiert Jahr für Jahr lieber Zehntausende von Akademikern aus dem benachbarten deutschsprachigen Ausland. Niemand strebt eine massive Erhöhung der Quote an, aber mindestens den schweizerischen Durchschnittswert dürfte der Bildungskanton Zürich seiner bildungswilligen Jugend schon zutrauen.

Wenn schon kürzen, dann bitte intelligent

Selbstverständlich ist nicht jede Kürzung im Bildungswesen unmöglich. Es gäbe zum Beispiel die Möglichkeit, den Anteil der SchülerInnen im 6-jährigen Langgymnasium (heute 60%) um 10% zu reduzieren und dafür die Aufnahmequote aus der Sekundarschule entsprechend zu erhöhen. Das wäre gleichzeitig ein Beitrag zur Stärkung der Sekundarschule und würde dem Kanton mehrere Millionen «einbringen». Anders als die bisher vorgebrachten Kürzungsvorschläge würde dies nicht zu einem Bildungsabbau führen. 

Denn: Man sägt nicht ungestraft am (Bildungs)Ast, auf dem man sitzt …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, SP Fraktionspräsident, Gymnasiallehrer

* Die Zahlen beruhen auf einer Analyse der Bildungsausgaben, die Sandro Favre, Doktorand an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich, erarbeitet hat.