Zum Glück gibt’s Volksinitiativen!

Sehr ungnädig hat der Kantonsrat an seiner letzten Sitzung die Kinderbetreuungsinitiative und das Musikschulgesetz aufgenommen. Die Volksinitiative für einen aus Arbeitgeberbeiträgen geäufneten Fonds für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde mit 119 zu 52 abgelehnt. Beim neuen Musikschulgesetz verweigerte die bürgerliche Ratsseite sogar das «Eintreten»: Das Gesetz wurde ohne Detailberatung schlicht und einfach versenkt.

Die Regierung hatte dem Rat aus Rücksicht auf die von allem Anfang an skeptischen bürgerlichen Fraktionen bewusst ein sehr schlankes Gesetz vorgelegt. Es sollte im Wesentlichen die bisherigen Musikschulstrukturen absichern. An der Finanzierung – der Kanton bezahlt fast gar nichts, die Eltern und die Gemeinden fast alles –hätte sich praktisch nichts geändert. Dieser magersüchtige Entwurf ging der Ratsmehrheit aber bereits zu weit. SVP, GLP, CVP, BDP waren unisono der Meinung, wenn der Kanton schon nicht mehr bezahlen wolle (und könne), soll er den Gemeinden gefälligst auch nicht mit einem neuen Gesetz im Musikschul-Gärtli herumtrampeln. 

Eine futuristisches Sonderzügli setzte die FDP in Bewegung: Statt sich an den Kosten der Musikschulen zu beteiligen, solle der Kanton jedem Kind einen Gutschein für Musikunterricht ausstellen. Den hätte man dann auf dem freien Markt bei irgendeiner Musiklehrerin einlösen können. So richtig an die eigene, eigentlich recht kreative Idee glauben mochte die FDP dann aber doch nicht. Sie stimmte nämlich unsinnigerweise mit den anderen bürgerlichen Parteien für Nichteintreten und verhinderte damit eine Diskussion über ihr Bildungsgutschein-Projekt.

So fand das Gesetz zur grossen Enttäuschung der zahlreichen MusikerInnen auf der Tribüne nur gerade die Unterstützung der SP, der Grünen, der AL und der EVP. Ernsthaft traurig waren aber auch die Verlierer nicht: Dass das minimalistische Gesetz bei den bürgerlichen Fraktionen keine Gnade fand, ist mehr Chance als Verlust: Es öffnet nun den Weg für eine Volksinitiative, den die Musikschulen und die Organisationen der Musiklehrpersonen jetzt wohl (hoffentlich) ergreifen werden. Die Initiative muss keinerlei Rücksicht nehmen auf die sparwütige Kantonsratsmehrheit und kann eine namhafte Beteiligung des Kantons an den Kosten des Musikunterrichts vorschlagen. Sie könnte sich dabei am Anteil des Kantons an den Löhnen der Volksschullehrpersonen orientieren und einen Kantonsanteil von 20% vorschreiben.

Sehr häufig ist das Stimmvolk bei Bildungsfragen viel fortschrittlicher als die ewiggestrige Kantonsratsmehrheit. Den Abstimmungen über die Kinderbetreuungsinitiative – wohl im Herbst 2016 – und einer allfälligen Musikförderungs-Initiative in zwei drei Jahren blicken wir deshalb durchaus frohgemut entgegen …

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Fraktionspräsident SP, Feuerthalen