Ein Atommüll-Lager ist keine Zuckerrübenfabrik!

Zur Studie des BFE über die Sozioökonomischen-ökologischen Auswirkungen eines Tiefenlagers

Ein Atommüll-Lager ist keine Zuckerrübenfabrik!

Die vom Bundesamt für Energie am Dienstag veröffentlichte Studie über die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen eines Tiefenlagers enthält nur Banales. Die Forderungen der Regionalkonferenzen werden in den Wind geschlagen, das Partizipationsverfahren wird so zur Farce.

Das Bundesamt für Energie (BfE) hat diese Woche die Studie über die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen eines Atommüll-Tiefenlagers auf die verschiedenen potentiellen Standorte veröffentlicht (SöW-Studie). Die Untersuchung kommt zwar in wissenschaftlichem Gewand daher, bringt aber keine relevanten Erkenntnisse. 

  1. Die wirklich bedeutsamen Fragen werden bewusst und gezielt ausgeklammert. Die Studie behandelt das Tiefenlager wie eine grosse Zuckerrübenfabrik und nicht wie eine Atomanlage. Die Auswirkungen auf das Image der betroffenen Region, die Ängste und Sorgen der Menschen, die demografischen Folgen, die ausbleibenden Investitionen, die Konsequenzen für Immobilien- und Bodenpreise durften von den Autoren nicht untersucht werden. 
  2. Das BfE hat die SöW-Studie wider besseres Wissen so konzipiert. Die Fachgruppen in den Regionalkonferenzen haben Konzept und Methodik von allem Anfang an fundamental kritisiert – ohne in Bern Gehör zu finden. Die regionale Mitwirkung wird damit in einem zentralen Punkt ausgehebelt und entwertet.
  3. Die Ergebnisse der Studie sind banal: Dass die Bauwirtschaft von der Erstellung eines Tiefenlagers profitieren wird, dass Landwirtschaft und Tourismus tendenziell eher negativ betroffen sind, liegt auf der Hand – dafür hätte es keine teure SöW-Studie gebraucht. Das gleicht gilt auch für die Feststellung, dass die negativen Effekte auch von der Dichte der Besiedelung und von der Sichtbarkeit der Oberflächenanlage abhängen. Davon sind die Regionalkonferenzen schon bei ihren Vorschlägen für die Platzierung der Oberflächenanlagen ausgegangen.
  4. Die Folge der einseitig und falsch konzipierten Studie ist absehbar: Die negativen Auswirkungen eines Tiefenlagers werden verharmlost, die behaupteten positiven Effekte überhöht. Man merkt die Absicht und ist verstimmt: Offensichtlich sollen die Kompensations- und Entschädigungszahlungen, über die ohnehin erst sehr viel später entschieden werden soll, möglichst tief angesetzt werden.
  5. Die Studie lenkt einmal mehr vom Wesentlichen ab: Einzig ausschlaggebendes Kriterium für den Standortentscheid muss die Sicherheit sein. Ein Tiefenlager darf nur dort gebaut werden, wo der für Jahrtausende hoch gefährliche Atommüll absolut und relativ am sichersten eingelagert werden kann. Entscheidend ist dafür zum einen die Beschaffenheit des geologischen Untergrunds, andererseits eine möglichst sichere bauliche Gestaltung der Verbindung zwischen der Oberfläche und dem Tiefenlager. Zu diesen entscheidenden Fragen liefert die SöW-Studie keinerlei neue Erkenntnisse – im Gegenteil.

Die SöW-Studie ist so, wie sie aktuell daher kommt, kein Beitrag zur Vertrauensbildung gegenüber dem Sachplanverfahren. Sie nimmt die regionale Partizipation nicht ernst und bestätigt einmal mehr: Das Ross wird am Schwanz aufgezäumt – statt sich ernsthaft mit den Sicherheitsaspekten auseinander zu setzen, sollen die betroffenen Regionen offenbar mit Nebensächlichkeiten beschäftigt werden. Das Sachplanverfahren kann nur gerettet werden, wenn die grundsätzliche Kritik an der SöW-Studie, wie sie in den Regionalkonferenzen immer und immer wieder geäussert wurde, in Bern endlich ernst genommen wird.

Weitere Auskünfte

Markus Späth-Walter, Kantonsrat, Mitglied der Regionalkonferenz Zürich Nordost, 

Käthi Furrer, Co-Präsidentin SP Weinland

Kantonsratskolumne November 2014

Hinter den Kulissen…

Hohe Wellen hat die Debatte am gestrigen Montag im Kantonsrat nicht geschlagen. Neben der Abschreibung einiger alter Vorstösse und eines uralten Postulats zu Bau- und Planungsfragen gab eigentlich nur der Bau einer Busspur im Zürcher Oberland zu reden. Wie (fast) immer, wenn es um den öffentlichen Verkehr geht, waren die Fronten klar: Die SVP dagegen, der Rest des Rates dafür.

Untrügliches Zeichen, dass im Ratsaal wenig läuft, ist, sind Journalisten, die in der Lobby Parlamentarier zu ganz andern Themen befragen, um am nächsten Tag die Zeilen füllen zu können. Gestern gab hinter den Kulissen vor allem die Sozialpolitik zu reden. Nicht weniger als 10 Vorstösse sind in den letzten zwei Wochen zu diesem Thema eingereicht worden. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie auf dem Buckel der Schwächsten unserer Gesellschaft sparen wollen. Ich fasse für die LeserInnen der Andelfinger Zeitung gerne zusammen, was ich gestern den Zeitungsleuten im Rathaus ins Mikrofon gesagt habe: «Wer die Leistungen für Sozialhilfeempfänger massiv kürzen will, nimmt in Kauf, dass wir in Zukunft auch in der Schweiz Bettler auf den Strassen, Obdachlose unter den Brücken oder Banlieu-Verhältnisse wie in Paris haben werden – das aber ist nicht im Interesse unserer Gesellschaft. Wer fordert, dass jede Gemeinde mehr oder weniger so viel zahlen kann, wie es ihr gerade passt, fördert den Sozialtourismus und eine unsägliche Abschiebepolitik – die Arbeitslosen und Ausgesteuerten werden so sicher nicht integriert, sondern landen endgültig in der Hoffnungslosigkeit. Die heute gültigen SKOS-Richtlinien sind klar, eindeutig flexibel: Hilfe kann an klare Bedingungen geknüpft, Fehlverhalten bestraft, besondere Anstrengungen belohnt werden. Das setzt Sorgfalt und Kompetenz bei den Sozialbehörden voraus – offenbar sind nicht alle Gemeinden dazu in der Lage.» Ich bin im übrigen optimistisch, dass die Abbauvorschläge erst nach den Wahlen beraten und dann sang und klanglos versenkt werden …

Markus Späth, Kantonsrat Feuerthalen

Die SP-Weinland feiert ihre Parteizeitung

Es begann mit Wachsmatrizen

Parteizeitungen sind Passé. Nicht ganz: Die SP des Weinlandes produziert für Ihre Parteimitglieder und Sympis vierteljährlich eine Zeitung die sie liebevoll Radiisli nennen und für die sie auch gerne einmal feiern.

Am Kiosk-Aushang ist sie nicht zu finden. Dafür ist die Auflage des Radiislis mit 500 Exemplaren zu gering. Doch bei den SP-Mitgliedern, Sympathisantinnen und Grünen ist das Radiisli ein Fixstern in der politischen Agenda. „Die Sozialdemokratische Partei ist im von bürgerlichen Parteien dominierten Weinland oft allein mit ihren politischen Anliegen. Deshalb wollten wir den inneren Zusammenhalt stärken“, erinnert sich Käthi Furrer aus Dachsen zurück an die Zeit vor 31 Jahren als das erste Radiisli entstand. Das Radieschen gab der Zeitschrift den Namen. Aussen rot und innen scharf und angriffig. So sollte die neue Zeitung werden.

Einschränkungen und Zensur sollte es beim Radiisli keine geben. Linke, Grüne und Sympis sollte das Blatt offen stehen. Käthi Furrer, Fabrizio Boeninger und Daniel Sieber stellten bei der Gründung das Redaktionsteam. Vierteljährlich trafen sie sich für die Produktion einer neuen Ausgabe. „Der Druck, das Resultat einer Wachsmatrize war bei der ersten Nummer himmeltraurig. Das Layout war handgestrickt aber wir waren mächtig stolz, als die erste Ausgabe vor uns lag. Computer kamen bei der Gestaltung noch nicht zum Einsatz aber immerhin schon Fotokopierer, mit denen wir vergrössern und verkleinern konnten. Wenn das Radiisli fertig war, lag auf dem Stubentisch ein unglaubliches Puff aus Unterlagen, Scheren, Leimtuben und schweren Metallmassstäben. Einer von uns hastete mit den Druckvorlagen nach Schaffhausen in einen Kopierladen und anschliessend in die Räume der Unionsdruckerei, meistens auf den allerletzten Drücker weil wir von der Post nur dann den verbilligten Zeitungstarif bekamen, wenn das Radiisli pünktlich zum Quartalstermin geliefert wurde “, erinnert sich Furrer.

Im Laufe der Zeit wurde das Radiisli dicker und gehaltvoller. Ab dem Jahr 1999 übernahmen Elsbeth und Jürg Keller aus Örlingen die Redaktion der Zeitung. Ein stattlicher Kreis von Autoren und Autorinnen lieferten Beiträge. Unvergessen bleiben die regelmässig veröffentlichten Beiträge des kürzlich verstorbenen Theo Ammann aus Marthalen. „Unser Radiisli hat sich zum Sprachrohr für linke und grüne Politik im Weinland gemausert“, steht in einem Rückblick, der 2010 in der 100ertsten Ausgabe gedruckt wurde. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Bezahlte Inserate finden sich im Radiisli keine. Dafür wird der Text immer wieder durch treffende Cartoons aufgelockert. Finanziell Geradestehen für das Radiisli tut die SP-Bezirksparteikasse. Einen Abo-Beitrag wird nicht erhoben. Aber ein guter Teil der Kosten wird durch freiwillige Spenden gedeckt. Und: Schreibende und Redaktion arbeiten unentgeltlich.

Das Radiisli liefert nicht nur Stoff zum Lesen. In regelmässigen Abständen wird es von seinen Lesern und Leserinnen gefeiert. So traf sich am letzen Samstag eine grosse Schar im Casinosaal des Psychiatriezentrums Neu-Rheinau. Gutes Essen, Spieltische wie in Las Vegas, allerdings mit fiktivem Geld, ein leibhaftiger Zauberer und der zum Tanzen wie geschaffene Folksound der Musikgruppe Kafi Lutz sorgten für eine unvergessliche Radiisli-Feier.

Erschienen in der Andelfinger Zeitung, Dienstag, 18. November 2014, Ueli Meier