Demokratisierung der Zweckverbände?

Auf den 1. Januar 2006 trat im Kanton Zürich die neue Kantonsverfassung in Kraft. Eines der Anliegen dieser Verfassung war auch die Demokratisierung der Zweckverbände und zwar innerhalb von 4 Jahren bis Ende 2009.

Persönlich bin ich von diesem Prozess ziemlich enttäuscht, denn viele der neuen Statuten entsprechen überhaupt nicht dem demokratischen Geist unserer neuen Kantonsverfassung.

Am Beispiel der Gemeinde Trüllikon, die an total 8 Zweckverbänden beteiligt ist, möchte ich aufzeigen warum. Die neuen Statuten der Gruppenwasserversorgung wurden 2007 von der damals noch bestehenden Zivilgemeinde Rudolfingen abgesegnet. Die anderen sieben wurden im Lauf der beiden letzten Jahre den Gemeindeversammlungen vorgelegt.

Bei allen Vorlagen wurde an der Gemeindeversammlung erwähnt, dass für das Inkrafttreten jeweils sämtliche beteiligten Gemeinden zustimmen müssten. Es wurde darauf hingewiesen, dass es doch den anderen Gemeinden gegenüber nicht fair sei, wenn man nicht zustimme, da sonst sämtliche anderen Gemeinden auch nochmals darüber abstimmen müssten.

Dass diese häufig gemachte Aussage nicht stimmte, konnte man im Februar dieses Jahres erfahren. Dann genehmigte nämlich der Regierungsrat die Statuten des Sicherheitszweckverbands, obwohl diese nicht von allen Gemeindeversammlungen angenommen worden waren.

Initiative

Das Initiativrecht muss zwingend in jedem Zweckverband eingeführt werden. Dabei besteht grundsätzlich neben der Möglichkeit der Volksinitiative auch jene der Einzelinitiative, wie sie im Gemeindegesetz eschrieben ist. Von dieser sehr basisdemokratischen Möglichkeit wurde jedoch überhaupt kein Gebrauch gemacht. – Im Gegenteil, auch bei der Volksinitiative wurde die Hürde teilweise so hoch gesetzt, dass sie innert der vorgegebenen Frist kaum je erreicht werden kann.

Für eine kantonale Volksinitiative sind innerhalb von 6 Monaten 6000 Unterschriften nötig. Das entspricht 0.7 % der Stimmbrechtigten (Stand Ende 2008). Bei allen oben erwähnten Zweckverbänden braucht es deutlich mehr Unterschriften, nämlich zwischen 2.0 und 5.3% (das ist das drei- bis siebeneinhalbfache!).

Bei der Zürcher Planungsgruppe Weinland (ZPW) sind die Unterschriften von 3.4 % aller Stimmberechtigten erforderlich und zudem wurde die Sammelfrist auf zwei Monate, verkürzt. – Damit wird eine Initiative von vornherein praktisch verunmöglicht.

Referendum

Für ein fakultatives Referendum braucht es beim Kanton halb so viele Unterschriften wie für eine Initiative. Dafür ist auch die Einreichungsfrist deutlich kürzer als bei der Initiative. Für ein kantonales Referendum sind 3000 Stimmen innert 60 Tagen nötig (das sind 0.35 % der Stimmberechtigten). Das ist bei den meisten der erwähnten Zweckverbände anders.

Dort wo das fakultative Referendum überhaupt eingeführt wurde gelten Fristen von 30, rsp. 60 Tagen. Trotz der kurzen Frist wurde die Anzahl der benötigten Unterschriften nicht überall reduziert. Sie beträgt zwischen 0.4 und 3.4 % aller Stimmberechtigten. Auch ein Anfragerecht ist in unseren Zweckverbänden nach wie vor unbekannt

Das obligatorische Referendum muss zwingend eingeführt werden für Ausgaben, die einen in den Statuten festgelegten Betrag überschreiten. Um ein solches Referendum möglichst auszuschliessen, wurde die Finanzkompetenz der Behörden um bis das 20-fache erhöht. Der Betrag für ein obligatorisches Referendum wurde beispielsweise für den Feuerwehrzweckverband Kohlfirst so hoch angesetzt, dass er dem zwei- bis dreifachen Betrag des gesamten normalen Jahresbudgets entspricht.

Die Zweckverbände im Kanton Zürich hätten einen sehr grossen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der von der Verfassung verlangten Demokratisierung. Leider haben sie diesen nur äusserst eingeschränkt benutzt.

Peter S. Weiller, Trüllikon,

ehemaliger Verfassungsrat, SP Weinland