Parole der SP zur Abstimmung der Rentenreform am 24.September 2017
Publiziert in der Andelfinger Zeitung
Bei der ersten AHV-Abstimmung soll die Bundesverfassung geändert werden: Die Mehrwertsteuer kann im Gleichschritt mit der Erhöhung des Frauenrentenalters um maximal 0.6% erhöht werden. In der zweiten Abstimmung geht es um das Gesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020. Beide Vorlagen bilden ein Paket: Nur wenn ein doppelte JA resultiert, gilt die Rentenreform als angenommen. Die beiden Abstimmungen können deshalb nicht unabhängige diskutiert werden, sie gehören untrennbar zusammen.
AHV und 2. Säule sollen gleichzeitig saniert. Das Parlament hat einen cleveren und gut eidgenössischen Kompromiss ausgehandelt. Beide Säulen profitieren von der schrittweisen Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65. Gleichzeitig soll die Pensionierung aber viel flexibler als heute zwischen 62 und 70 Jahren möglich sein. Ältere Arbeitnehmende werden ab 58 besser geschützt: Wenn sie arbeitslos werden, dürfen sie neu in ihrer Pensionskasse bleiben und erhalten bei der offiziellen Pensionierung eine Rente.
Die 2. Säule wird deutlich entlastet, indem der Mindestumwandlungssatz für den obligatorischen Teil von 6.8 auf 6% gesenkt wird. Das trägt der steigenden Lebenserwartung Rechnung: Das individuell angesparte Rentenguthaben muss schlicht und einfach auf mehr Lebensjahre verteilt werden. Dafür werden Lücken in der 2. Säule geschlossen: Teilzeitarbeitende und vor allem viele Frauen mit bescheidenem Lohneinkommen werden künftig höhere Renten ansparen können und weniger auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Das entlastet die Gemeinden.
Um die Senkung der Monatsrenten auszugleichen, müssen die unter 45-Jährigen – und die Arbeitnehmer – mehr einzahlen; die Übergangsgeneration (45 bis 65) erhält eine Besitzstandgarantie. Alle NeurentnerInnen bekommen zudem als weitere (Teil-) Kompensation 70 Franken mehr AHV pro Monat. Für die Finanzierung werden die Lohnabzüge für die AHV um 0.3% erhöht (0.15% für die Arbeitnehmer, 0.15% für die Arbeitgeber). Alle diese Massnahmen garantieren das heutige Rentenniveau für praktisch alle. Auf die laufenden Renten hat die Reform keine Auswirkungen.
Mit der Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule wird eine systematische Benachteiligung der heute aktiven Generationen beseitigt: Sie bezahlen heute nämlich jährlich weit über eine Milliarde Franken an die Renten der Pensionierten und kompensieren so die Deckungslücke im Vorsorgekapitel wegen der steigenden Lebenserwartung. Die Zusatzfinanzierung für die AHV verhindert ein Wegschmelzen der Reserven in der 1. Säule bis 2030.
Die Gegner der Vorlage nehmen in Kauf, dass die AHV an die Wand gefahren wird. Sie rechnen zynisch mit massiven Defizite im AHV-Fonds; sie hoffen insgeheim, dass in wenigen Jahren die Lage so katastrophal sein wird, dass eine Erhöhung des Rentenalters auf 70 Jahre und massive Rentenkürzungen unumgänglich werden. Das ist kein Plan B, sondern eine fiese Strategie von sogenannt liberalen PolitikerInnen, die schon immer gegen die ebenso populäre wie gerechte AHV waren. Ein doppeltes Ja sichert die Renten nicht auf alle Zeiten, aber zumindest für die nächsten 10 Jahre. Nach 20 Jahren Reformstau ist das viel mehr als ursprünglich von dieser Reform erwartet werden durfte.
Markus Spaeth-Walter Kantonsrat SP, Fraktionspräsident